Konzertkarten und ihre Geschichten – Die 80er Jahre, Teil 1

Frankfurt, 22. April 2020

Collage Konzertkarten der 80er Jahre, Teil 1Die Corona-Krise hält an – unsere Lust, etwas in diesem Blog zu veröffentlichen allerdings auch. Es wird in den nächsten, voraussichtlich weiterhin konzertfreien Monaten einige neue Folgen unserer „Best of“-Serie geben (Kennst Du nicht? Klicke hier.), aber wir werden uns auch anderen Themen widmen. Zum Beispiel Konzerttickets. Die machten ja früher noch optisch was her (im Gegensatz zu den ollen ausgedruckten Dingern von heute) und die meisten begeisterten Konzertgänger haben ihre Exemplare wahrscheinlich in einem Schuhkarton auf dem Speicher verstaut. Uns gehts genauso. Wir haben sie hervorgekramt und aus hunderten Karten zwei Dutzend aus den 80er Jahren ausgewählt, mit denen wir ein paar Erinnerungen verbinden. Die ersten zwölf Tickets zeigen wir hier in zeitlicher Reihenfolge. Teil 2 ist bereits in Arbeit. Alle Karten lassen sich durch Anklicken vergrößern. Viel Spaß bei der Zeitreise in die Achtziger!

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Queen, April 1982

Im April 1982 wurde für mich ein Traum wahr. Kurz vor meinem 15. Geburtstag durfte ich eine der größten Rock-Bands aller Zeiten live erleben: QUEEN. Mit drei gleichaltrigen Freunden zog ich in die Frankfurter Festhalle, der ältere Bruder eines Kumpels, der schon einen Führerschein besaß, hatte sich bereit erklärt uns zu fahren. Das Konzert war mehr als ausverkauft – ursprünglich sollte am Folgetag eine Zusatzshow stattfinden, für die aber nicht genügend Tickets verkauft wurden. Daher wurden Karteninhaber vom zweiten Abend auch Queen 1982beim ersten eingelassen. Später war von 14.000 Zuschauern die Rede (offiziell fasst die Halle 13.500). Ich vermute, es waren etliche mehr. Ich habe mich auch später nie mehr so wie eine Ölsardine zusammengepresst gefühlt wie an jenem Tag. Wir standen etwa zehn Meter von der Bühne entfernt und hakten unsere Arme in einer Reihe mit wildfremden Leuten ein, um nicht von der nach vorne drängenden Masse auf den Boden gedrückt und plattgetrampelt zu werden. Sowohl von der Musik als auch von den Begleitumständen war es ein Event, das ich nie vergessen werde. Da QUEEN damals jede Show mitschneiden ließen, kam ich 35 Jahre später sogar zu der Audioaufnahme, die mich noch heute daran erinnert. (sm)

The Rolling Stones, Juni 1982

Ich war 17 Jahre alt. Auf Live-Konzerte ging ich erst seit knapp einem Jahr, da bahnte sich bereits der Oberknaller an – zumindest für meine Peer-Group, die ziemlich gestrig unterwegs war und von der ich trotzdem noch Einiges zu lernen hatte. Im Nachhinein bin ich ziemlich dankbar über den Umstand, 1982 fast vor meiner Haustür ein Hallenkonzert der ROLLING STONES erlebt zu haben: Rolling Stones 1982Erstens, weil in vielen anderen Städten bereits Stadien gebucht wurden. Und zweitens, weil in diesen Peter Maffay Special Guest war, der wohl von den STONES selber auserkoren wurde – für die meisten deutschen STONES-Fans verzichtbar. Für mich auch – ich war sogar äußerst dankbar über sein Fehlen. Heute würde ich das anders bewerten. In Frankfurt gab es an drei oder vier aufeinanderfolgenden Festhallen-Abenden nur die J. GEILS BAND als Opener, die ich wunderbar fand und danach nie mehr sehen konnte. Schade. Die STONES selber sind immer noch unterwegs, Props dafür. Jedoch nicht für ihre Alben, die seit den frühen Achtzigern austauschbar bis ärgerlich klingen. (mt)

Neil Young, September 1982

Neil Young 1982Die „Golden Summernight“- Festivals waren in den Siebzigern und frühen Achtzigern so etwas wie die Vorläufer der heutigen Großveranstaltungen wie „Rock am Ring“ – allerdings nur an einem Tag und mit weniger diversem Line-Up. Dass sich Legenden des Hippie-Rock mit Hard- und Heavy-Bands die Bühne teilten, stellte schon eine Toleranz-Belastungsgrenze für so manchen dar. Die 1982er-Version auf den Wiesbadener Rheinwiesen präsentierte bei allerschönstem Wetter eine hinreißende Neil Young-Show, zu dessen Formation damals das auch solo erfolgreiche, langjährige E-Street-Band-Mitglied Nils Lofgren zählte. Bin ich deswegen nach Wiesbaden gefahren? Nein. Viel wichtiger für mich war, dass am Nachmittag die kanadischen Hardrocker APRIL WINE auftraten. Und Michael Schenker mit seiner Group, leider ohne seinen frisch gefeuerten Sänger Graham Bonnet. JETHRO TULL und sogar KING CRIMSON waren wohl auch noch dabei, aber die habe ich leider vergessen. Schade, so im Nachhinein. (mt)

Rodgau Monotones & Flatsch, Mai 1983

Bevor die RODGAU MONOTONES mit ihrem Hit „Die Hesse komme!“ auch überregional zu einigem Ruhm gelangten, backten sie erstmal kleinere Brötchen und traten nahe meines Heimatdorfes in Turnhallen und Bürgerhäusern auf. Damals hatte die Combo (mit einem gewissen Henni Nachtsheim, später Teil von BADESALZ) aus dem Rodgau gerade ihr Debüt-Album „Wollt Ihr Musik – oder was?“ draußen und darüber hinaus bestand das halbe Set eines Live-Rodgau Monotones & Flatsch 1983Auftritts aus (sehr gut) gecoverten Songs der US-Bluesrocker ZZ TOP. Im Doppelpack mit FLATSCH (mit einem gewissen Gerd Knebel, später ebenfalls Teil von BADESALZ) war das Entertainment pur. Ich erinnere mich auch, dass ich seinerzeit für den Musikunterricht eine Band porträtieren musste. Meine Wahl fiel auf die MONOTONES, die unvorsichtigerweise ihre Telefonnummer auf der Platte vermerkt hatten. Ich rief bei Sänger Peter Osterwold an und ein paar Tage später durfte ich als 15-Jähriger in seinem Wohnzimmer einrücken, wo er Rede und Antwort stand. Die waren (und sind) halt einfach cool, die Jungs. (sm)

Black Sabbath, September 1983

Durch ihre von diversen Personalwechseln dominierte Historie kann man so einige Gigs von BLACK SABBATH als legendär bezeichnen. Ihre Tour zum „Born Again“-Album 1983, ihr einziges mit DEEP PURPLE-Shouter Ian Gillan am Mikro und an den (nicht zu hörenden) Kongas, war jedoch mit Abstand die kurioseste. Nicht wegen des Songmaterials – „Born Again“ hat ein paar echte, düstere Perlen zu bieten, die es verdient hätten auch später noch gespielt zu

Black Sabbath 1983

werden. Dass Gillan jedoch die bei jeder SABBATH-Show unvermeidlichen Ozzy-Klassiker intonierte war äußerst gewöhnungsbedürftig. Ebenso wie der Umstand, dass SABBATH zum Ende hin sogar „Smoke On The Water“ zockten, ein Zugeständnis an die nicht minder legendäre Vergangenheit (und Zukunft) ihres neuesten Mitglieds. Eines, das wehtat. Nicht nur den Gästen im Saal, auch SABBATH-Bassist Geezer Butler, wie er mir Jahre später einmal im Interview darlegte. Trotzdem: Das gab‘s nur einmal, das kam nie wieder. (mt)

Johnny and the Hurricanes, November 1983

Mein Vater und ich, wir können nicht so gut miteinander. Eine (positive) Sache jedoch habe ich ihm zu verdanken: Die Liebe zum Rock’n’Roll der Endfünfziger Jahre. Meine Konzertsucht wurde entfacht durch den Besuch des „International Festivals of Country Music 1981“ in der Frankfurter Festhalle (u. a. mit Johnny Cash und Jerry Lee Lewis), das wir zusammen besuchten. Etwas kleiner, Johnny and the Hurricanes 1983aber ebenso legendär: JOHNNY AND THE HURRICANES im (nicht mehr existierendem) Schlachthof in Frankfurt-Sachsenhausen. Morgens um Elf wurde dort meist von Cover-Bands zum Frühschoppen geladen. Die später spielenden JOHNNY AND THE HURRICANES waren vielleicht auch eine halbe – ich vermag das nicht zu beurteilen aus der zeitlichen Ferne. Fakt ist jedoch, dass Johnny Paris und sein endgeiles Saxophon zu dieser Zeit in Deutschland hausten und zwischen Tischen voller Wurst und Bier diesen Ort mit Weisen wie „Beatnik Fly“ oder „Red River Rock“ verschönerten. Ich habs genossen. Extrem. (mt)

Bruce Springsteen, Juni 1985

Bruce Springsteen – mein erstes großes Rockkonzert! Was es bedeutet, mit einem solchen Superlativ zu beginnen, kann nur nachempfinden, wer Ähnliches erlebt hat. 1985 waren im Rhein/Main-Gebiet noch viele amerikanische Soldaten stationiert, die gefühlt alle ins denkwürdige Frankfurter Waldstadion pilgerten, Bruce Springsteen 1985um ihren Helden, den Boss, zu sehen. Ein Freund und ich waren schon vier Stunden vor Öffnung der Tore dort. Bei Kaiserwetter im staubigen Sand vor dem Eingang sitzend, umringt von etwa 20 trinkfesten US-Bürgern, wurden wir zu Büchsenbier und Gesang eingeladen. Die textsicheren Amis konnten bestimmt die meisten Lieder auswendig. In meinem Gedächtnis ist jedoch nur geblieben, dass wir lauthals „Hungry Heart“ sangen. Dann ging es rein, direkt bis kurz vor die Bühne. Damals gab es keine VIP-Zonen und dergleichen. Hitze, Sonne, keine Vorgruppe, kein Lärm (außer dem der ausgelassenen Meute) und irgendwann ging es los mit der damals grössten Musikanlage der Welt (nicht belegt, die Erinnerung mag trügen). 60.000 Watt, die aus dem Himmel brüllten: Born in the USA. Das Konzert dauerte fast vier Stunden und ich weiß nicht, ob ich je wieder eine solche Energie erlebt habe. Seit diesem Tag im Juni 1985 habe ich alle Platten des Bosses gekauft und noch etliche seiner Konzerte gesehen. (kn)

Dio, April 1986

Dio 1986Für mich war Ronnie James Dio stets der bessere BLACK SABBATH-Sänger, aber auch in seinen früheren Bands ELF und RAINBOW glänzte er. DIO-Gigs boten überwiegend Solo-Stücke, aber auch Songs von RAINBOW und SABBATH und waren nicht zuletzt deshalb immer etwas ganz Besonderes. Vor allem aber war es die große Stimme des kleinen Mannes aus Portsmouth, New Hampshire, die zu verzaubern wusste. An diesem Abend des Jahres 1986 passte dann alles zusammen: DIO hatte ein Jahr zuvor sein drittes Album „Sacred Heart“ veröffentlicht, präsentierte ein „Best of“ der ersten drei Solo-Scheiben, das Songs wie „Holy Diver“, „The Last in Line“, „Stand up and Shout“ und „Don‘t talk to Strangers“ umfasste und gab auch die BLACK SABBATH-Hymne „Heaven and Hell“ zum Besten – ein Stück, bei dem die Stimme Ronnies bei mir noch immer Gänsehaut verursacht und dessen Lyrics heute in englischen Philosophie-Klassen diskutiert werden. Darüber hinaus gab‘s „Man on the Silver Mountain“ und „Long Live Rock‘n‘Roll“ von RAINBOW und als letzte Zugabe „We Rock“. Ein denkwürdiger Abend. An die Vorgruppe KEEL habe ich indes kaum noch Erinnerungen. (mm)

Motörhead, Dezember 1986

MOTÖRHEAD habe ich viele Male live erleben dürfen, aber besonders diese Show ist mir in guter Erinnerung geblieben: Zum einen weil das auf der Tour promotete „Orgasmatron“-Album zu meinen Lieblingsscheiben der Engländer zählt, zum anderen weil der damals von mir sehr geschätzte US-Metal-Act Motörhead 1986SAVATAGE Teil des Packages war. Der hatte Songs wie „Sirens“, „The Dungeons Are Calling“, „Power of the Night“ und „Warriors“ im Gepäck, dürfte seinerzeit aber vermutlich dem größten Teil des traditionellen MOTÖRHEAD-Publikums unbekannt gewesen sein. Dennoch tobte der Mob an einer Stelle des SAVATAGE-Gigs – weil die vier Mannen von MOTÖRHEAD plötzlich auf den Verstärkertürmen im Bühnenhintergrund auftauchten. SAVATAGE selbst dürften über den plötzlichen Jubel wohl am meisten überrascht gewesen sein. MOTÖRHEAD waren bei dieser Tour erstmals als Quartett zu sehen und konnten bei ihrem Auftritt auf Lieder von lediglich sieben Alben zurückgreifen, wodurch fast ausschließlich Klassiker geboten wurden. Good times. (mm)

Meteors, Februar 1987

Mein erstes Psychobilly-Konzert – termingerecht an meinem 16. Geburtstag. Die Erfinder des Genres im Kölner Kultladen Luxor, den es nach zwischenzeitlicher Schließung seit längerem wieder gibt. Die METEORS sah ich dort nicht nur am 22. Februar 1987 sondern später im Jahr noch einmal, außerdem 1987 auch noch THE KREWMEN, THE PHARAOHS, RUMBLE ON THE BEACH, THE GUANA BATZ und TORMENT. Ein gutes Jahr. Ich erinnere mich, wie ich

Meteors 1987

aufgeregt in der Gyros-Bude neben dem Luxor stand und mein erstes legales Bier trank. Ein WDR-Kamerateam war auch da, um eine Reportage über Tätowierungen zu drehen. Ansonsten sind meine Erinnerungen etwas vage. Der Support THE RAYMEN kam, glaube ich, nur lauwarm bei den Psychos an. Das hatten sie nicht verdient, die Band um Hank Ray war und ist eine Größe im deutschen Garage-Rock’n’Roll. THE METEORS kann man mittlerweile meiner Meinung nach in die Tonne kloppen. Aber gut, früher war eh alles besser. (jr)

Slayer, Mai 1987

Slayer 1987Es war nicht die erste Europatour von SLAYER im Jahre 1987. Zwei Jahre zuvor gastierten die US-Amerikaner bereits in der Neu-Isenburger Hugenottenhalle. Die 87er-Tour fand indes ein Jahr nach der Veröffentlichung von SLAYERs Magnum Opus „Reign in Blood“ statt, sodass man in Offenbach in den Genuss der wohl besten Setlist kam, die die Jungs je aufzubieten hatten – gespielt wurden nahezu alle Songs von „Reign in Blood“, hinzu kamen die Highlights der ersten beiden Alben und der „Haunting the Chapel“-EP. Es war ein Konzert, von dem man sich noch lange erzählte und in der Meinung bestätigt wurde, dass nach einem Werk wie „Reign in Blood“ und einer solchen Live-Performance jede andere Thrash-Metal-Band einpacken kann. Als Opener des Abends fungierten die US-Metaller MALICE, die mit ihrem an JUDAS PRIEST angelehnten Sound nicht wirklich zum Headliner passten. Und obgleich ich die beiden ersten MALICE-Scheiben bis heute in Ehren halte, so muss auch ich zugeben, dass mich an diesem Abend nur SLAYER interessierte. (mm)

Blubberry Hellbellies, Mai 1987

Blubberry Hellbellies 1987Wer genau hinsieht, erkennt auf der Eintrittskarte für den Gig der BLUBBERY HELLBELLIES im Mai 1987 die Vorband: THE WALTONS aus Berlin, bekannt für Country-Rock’n’Roll-Spaß und später dann mehr Trucker-Cowpunk. Ich hatte sie damals handschriftlich auf dem Ticket vermerkt, denn für mich waren sie die Hauptattraktion gewesen. Das gilt allerdings nicht für die Düsseldorfer Herren der damals aufstrebenden Punkrock-Combo DIE TOTEN HOSEN, die sich an dem Abend nach Köln (!) gewagt hatten. Die waren eindeutig und auch nach eigener Bekundung wegen der HELLBELLIES dort. Der Rose Club lag übrigens genau gegenüber vom Luxor an der Lux (Luxembuger Straße). Leider hat er im Gegensatz dazu nicht überlebt und 1994 endgültig geschlossen. In jenem Jahr habe ich dort noch die genialen BLOOD ON THE SADDLE erleben dürfen (schon wieder Cowpunk). Das war das viertletzte Konzert im Rose Club. (jr)

Teil 2 mit weiteren zwölf Konzertkarten der Achtziger folgt in ein paar Tagen!

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Texte: Micha (mt), Marcus (mm), Stefan (sm), Jan (jr), Kai (kn)

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