KVELERTAK, ARABROT, GERILJA

Batschkapp, Frankfurt, 30.09.2013

Vor einigen Tagen hatte ich MANILLA ROAD und noch zwei weitere Vertreter des klassischen Oldschool-Metals im Rüsselsheimer Rind gesehen, gestern folgte in der Frankfurter Batschkapp mit KVELERTAK, ARABROT und GERILJA das Kontrastprogramm mit einer neuen Generation von Metal-Bands, wenn man sie überhaupt als solche bezeichnen kann. Alle drei stammen aus Norwegen, wurden erst im neuen Jahrtausend gegründet und lassen sich mehr oder minder unter dem Oberbegriff „Metal“ einordnen, liefern aber völlig unterschiedliche Musik. KVELERTAK dürften zudem eine der derzeit meist gefeierten Bands des Genres sein. Warum dem so ist, wollte ich an diesem Abend herausfinden.

Eröffnet wurde der Reigen von den aus Oslo stammenden GERILJA, die seit 2007 bestehen und mit „Step Up Your Game“ gerade ihr Debüt veröffentlicht haben. Bis dato hatte ich noch nie etwas von den Jungs gehört und war deshalb umso erstaunter über das, was sich da auf der Bühne abspielte. Bereits optisch machte das Trio einen schrägen Eindruck, der bei mir spontan Erinnerungen an Bands wie BAD NEWS oder SPINAL TAP weckte. Doch Comedy war auf der Stage nicht angesagt, vielmehr luden GERILJA zu einer musikalischen Zeitreise der besonderen Art ein: THIN LIZZY, T-REX, frühe ALICE COOPER und HAWKWIND ließen grüßen, wobei auch hier und da ein Hauch der Experimentierfreude eines Bruce Haack zu erkennen war.

Das Ganze wurde allerdings nicht im derzeit beliebten Retro-Sound dargeboten, sondern in einem frischen, kauzigen Hardrock-Gewand, das gelegentlich mit analogen

Synthesizer-Klängen unterlegt wurde. Und über allem thronte die krächzende Stimme von Sänger und Gitarrist Aleks. Im Laufe der letzten 30 Jahre habe ich durchaus einige schräge Acts kennen und schätzen gelernt, aber bei keiner Band fiel mir die musikalische Zuordnung so schwer. Wer sich selbst an einer Definition versuchen möchte, dem sei auf YouTube der Clip zum Song „Animals“ empfohlen, der das ungewöhnliche musikalische Schaffen von GERILJA recht gut widerspiegelt. Alles in allem ein toller, eigenwilliger und überraschender Opener, den ich mir jederzeit wieder anschauen würde.

Die zweite Show des Abends lieferte die Band, wegen der ich eigentlich gekommen war: ARABROT. Die Combo aus dem norwegischen Städtchen Haugesund ist bereits seit zwölf Jahren aktiv und hat sich nach einer örtlichen Mülldeponie benannt, was ich schon mal sympathisch finde.

Von den bisher erschienenen sechs Scheiben sind mir die letzten beiden bekannt. Eine hört auf den Titel „Solar Anus“, was den Sound von ARABROT sehr treffend beschreibt. Die Alben klingen, als ob sie direkt in der Hölle eingespielt wurden und wenn man beim Hören die Augen schließt, meint man gar, den Geruch von Pech und Schwefel wahrzunehmen. Soll heißen, die Jungs sind verdammt finster und dies auf eine unangenehme und beklemmende Art, ähnlich wie die SWANS, Nick Cave’s BIRTHDAY PARTY, UNSANE, LUBRICATED GOAT oder KILLDOZER. Und wer nur einer dieser Bands etwas abgewinnen kann, der dürfte ARABROT lieben.

Da es kaum Fotos des Projekts gibt, war ich doch etwas verwundert, als sich auf der Bühne vier recht junge Musiker einfanden. Kopf und einzig festes Mitglied

ist der Sänger, Gitarrist und Songwriter Kjetil Nernes (links), der sich in kurzen Jeans und mit der Kopfbedeckung eines indianischen Medizinmannes präsentierte und mit seinem rotzig-finsteren Sprech-Gesang das Publikum hypnotisierte. Ebenfalls zum Quartett gehörte ein Keyboarder, der die düstere Rhythmuswand gelegentlich mit schrägen Synthie-Klängen durchbrach. ARABROT waren so brachial und kompromisslos, dass sich die Zuschauer-Reihen im Laufe des Konzerts merklich leerten. Auch ich gönnte mir kurz vor Ende des Sets eine Auszeit, um das laute Pfeifen in meinen Ohren zu lindern. Letztlich verhält es sich bei ARABROT wie bei den oben genannten Bands: Ein Konzertbesuch stellt keine Unterhaltung dar, sondern eher eine Mischung aus Selbstgeißelung und Masochismus. In jedem Fall aber ist ein Gig der Jungs ein Erlebnis.

Nach meinem kleinen Abstecher ins Freie war ich rechtzeitig zum Start des Headliners wieder an vorderster Front, um das Phänomen KVELERTAK zu erkunden. Das Spektakel begann mit einem sphärischen Intro, bei dem Sänger Erlend vermummt mit einer Eulenmaske (Foto ganz oben, weitere in der Galerie) vor das Publikum trat. Deren rot glühende Augen sorgten im Halbdunkel für eine stimmungsvolle, bedrohliche Atmosphäre, die sich im nächsten Moment in einen tobenden Sturm verwandelte. Es wurde hell, die eben noch lethargisch verharrenden Musiker explodierten förmlich und begannen wie

Berserker über die Bühne zu toben. Die Besucher in den ersten zehn Reihen taten es der Band gleich und sorgten während der nächsten anderthalb Stunden für einen menschlichen Tsunami, in den Erlend mehr als einmal eintauchte. Die Wucht und Dynamik, mit der KVELERTAK zu Werke ging, war gleichermaßen beeindruckend und ansteckend.

Mit der Musik hatte ich allerdings auf die Dauer ein Problem. Denn so sehr es auch Spaß machte, die ersten vier, fünf Songs in vorderster Reihe mitzuerleben, so machte sich doch bei mir spätestens nach dem ersten Drittel des Gigs eine gewisse Langeweile breit. Denn das Set lieferte keinerlei Abwechslung: Es gab keine Ansagen, alle

Songs präsentierten sich gleich im Tempo und waren ähnlich strukturiert. Zudem gab es zu viele Momente, die die Fans zum rhythmischen Mitklatschen veranlassten – für mich als Thrash- und Punk-Fan ein No-Go. Es mag vielleicht auch an den ausschließlich in Norwegisch gesungenen Texten gelegen haben, dass ich nicht recht warm wurde mit der Band.

Spätestens nach der Hälfte der Show ging mir auch der hohe, keifende Gesang auf den Zeiger. Doch dies ist wohlgemerkt mein rein subjektiver Eindruck. Ich kann durchaus verstehen, dass man als Teenie oder Twen auf die Jungs abfährt, weil sie eben einfach rocken wie Sau.

Musikalisch bieten KVELERTAK eine Mischung aus TURBONEGRO und melodischem Hardcore, wobei ich einzelne Songs mit wirklich großer Begeisterung hören kann, ein ganzes Konzert muss ich mir aber nicht mehr antun, weil es einfach zu langweilig ist. Dennoch hat die Norweger-Nacht ob der drei völlig verschiedenen Bands großen Spaß gemacht. Und wenn GERILJA oder

ARABROT bei uns in einem kleineren Laden zu Gast sind, bin ich gerne wieder dabei.

Links: http://kvelertak.com/, https://myspace.com/kvelertak, http://www.lastfm.de/music/Kvelertak, http://www.arabrot.com/noise/, https://myspace.com/arabrot, http://www.lastfm.de/music/Arabrot, http://www.gerilja.org/, https://myspace.com/gerilja, http://www.lastfm.de/music/Gerilja

Text & Fotos: Marcus
Clip: aufgenommen am Konzertabend von VodkaViolator
Illustration „Kvelertak Zombie Viking“: Michael Hacker, http://www.michaelhacker.at/

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