Das Bett, 23.11.2012
Alle Jahre wieder kommt nicht nur der Weihnachtsmann, sondern auch P. Paul Fenech mit den METEORS nach Frankfurt. Seine bevorzugten Auftrittsorte waren zuletzt in abwechselnder Reihenfolge der Sachsenhäuser Ponyhof und Das Bett im Gallus, aber wir haben das Trio auch schon im Nachtleben oder im schmerzlich vermissten Negativ gesehen. Letzteres ist fast 20 Jahre her und allzu viel hat sich seitdem an den Shows nicht geändert, schon gar nicht musikalisch. Die Songs haben auch 33 Jahre nach der Bandgründung eine gleichbleibend hohe Qualität mit Wiedererkennungswert – „pure psychobilly“ eben.
Der Beginn des gestrigen Auftritts gestaltete sich im Vergleich zu denen der vergangenen Jahr(zehnt)e ein wenig pompös: Erst wurde die Nebelmaschine auf Funktionalität geprüft, dann leuchtete eine Taschenlampen-bewehrte Stagehand der Band den Weg auf die dunkle Bühne und dazu erklang die Melodie des Carpenter-Horrormovies „Halloween“. Das schien mir zwar schon ein wenig aufgebauscht – aber so zelebriert (und zementiert) man scheinbar heutzutage seinen Status an der Spitze der Psychobilly-Bewegung.
Als sich alle Musiker auf ihre Plätze begeben, sich sortiert hatten und das Intro verebbt war, ging’s dann auch (endlich) los. Neben Mastermind Fenech, der inzwischen Ansätze eines Vollbarts trägt, war wie gewohnt Schlagzeuger Wolfgang Hordemann dabei. Er sitzt auch schon fast zwei Dekaden hinter der Bass Drum, von der ein gestreckter Mittelfinger grüßte. Außerdem ein junger Mann am Upright Bass, den ich mit der Kapelle noch nicht gesehen habe und dessen Name mir unbekannt blieb (wer’s weiß, bitte unten kommentieren); Simon Linden war es jedenfalls nicht.
Als Opener erklang “Shout So Loud”, gefolgt von “Ain’t Gonna Bring Me Down” und “Maniac”. Vom jüngst erschienenen Doppel-Album „Doing the Lord’s Work“ gab’s, wenn ich das richtig mitbekommen habe, nur “Girl Meat Fever” zu hören. Aber wenn Workaholic Fenech die Qual der Wahl aus nunmehr rund 30 (!) veröffentlichten Studio-Alben hat, dann kommen halt nur von einigen Platten ein paar Lieder in die Setlist, die diesmal aus 28 Songs bestand. Dazu zählten auch „Maniac Rockers From Hell“, „The Crazed“ und „Psycho For Your Love“. Als Cover erfreuten „Rawhide“ und „Bertha Lou“. Zur Zugabe präsentierte sich der Meister, dessen krächzendes Organ sich noch immer in prima Verfassung befindet, dann noch einmal oberkörperfrei u. a. mit den Stücken “Ex Men Boogie”, “Mutant Rock” und “I Don’t Worry About It”.
Großartig Kommunikation zwischen dem Bandleader und dem Publikum gab es nicht, besonders mitteilsam war der Londoner mit Wahlheimat Ruhrgebiet auf der Bühne ja noch nie. Bei so wenig Interaktion kam bei manchem Gast schnell mal die Vermutung auf, da hetze einer durch’s Programm und wolle dies so
routiniert wie möglich hinter sich bringen. Diese Stimmen, die bei Auftritten der METEORS ja nicht neu sind, gab es auch diesmal wieder, allerdings hatte ich einen solchen Eindruck aufgrund des doch recht langen Gigs nicht.Fenech ist eben kein Mann für große Worte und langatmige Reden zwischen den Stücken, er sucht den Kontakt zum Publikum nicht. Seine Gitarre mit dem Schriftzug „Ave Satanus“ spielend, schaute er mit weit aufgerissenen Augen und getriebenem Blick in alle möglichen Richtungen – meist
an die Wände rechts und links oder an die Decke, aber nur selten nach vorne. Das machte den Gästen (im Gegensatz zu den Fotografen) aber nur wenig aus, die Stimmung im nah an seiner Kapazitätsgrenze gefüllten Bett war ohnehin ausgezeichnet. Und für die Die Hard-Fans, die Jünger der „Wreckin’ Crew“, zählt vorrangig ohnehin der Vollkörperkontakt im Moshpit. Dieser gestaltete sich diesmal durchaus kompatibel mit dem Ansinnen der Mehrheit, sich einfach nur ein gutes Konzert anzusehen und Spaß zu haben, ohne sich mittelschwere Blessuren samt ambulanter Behandlung im nächsten Kreiskrankenhaus zuzuziehen.Das unterschied den gestrigen Abend wohltuend von dem Gig vor zwei Jahren an gleicher Stelle, als das exzessive (Tanz-) Verhalten der WC beinahe fatale Folgen gehabt hätte: Ein Anhänger wurde aus dem Ring vor der Bühne katapultiert, fand auf dem seifigen Untergrund keinen Halt mehr und schleuderte mit Schmackes einige Meter entfernt gegen einen Tisch, der wiederum den Oberkörper einer dahintersitzenden jungen Frau zwischen Kante und Wand einklemmte. Zum Glück hatte dies, soweit mir bekannt, aber keine ernst zu nehmenden Folgen (außer dass die Betroffene den Ort des Geschehens lieber schnurstracks verließ).
Nun ja, wer eine Show der METEORS samt ihrer Wreckin’ Crew besucht, sollte auf einiges gefasst sein, aber nicht gleich eine Risikolebensversicherung abgeschlossen haben müssen. Ich weiß nicht, ob der damalige Vorfall der Clubleitung überhaupt zu Ohren gekommen war oder ob lediglich die Vorverkaufszahlen auf eine volle Hütte hinwiesen, jedenfalls waren die wenigen Tische für den aktuellen Auftritt entfernt worden, was sicherlich kein Fehler war.
Am Ende des Tages blieb ein kurzweiliger Konzertabend und die Erkenntnis, dass die Gruppe die einst selbst definierte Messlatte des Genres zwar vielleicht nicht mehr toppen, aber ein hohes Niveau auch mit den neueren Titeln beständig halten kann. Und das ist in Zeiten musikalischer Kleptomanie und öder Belanglosigkeit, in die manch jüngere Band spätestens beim dritten Album abdriftet, ja auch schon was. THE METEORS – nach wie vor eine sichere Bank in Sachen Psychobilly.
Links: http://www.kingsofpsychobilly.net/, http://www.myspace.com/meteors, http://de.myspace.com/themeteorstruepsychobilly
Text & Fotos (5): Stefan / Fotos (15) & Clips: Kai
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