THE MONSTERS, THE SEX ORGANS, THE DEVILS, THE CHEATING HEARTS, NEW YORK WANNABES

Montez, Frankfurt, 12.11.2016

The Sex OrgansWo gibts denn sowas: Vier Powerfrauen als schlagkräftige Teile der gemischten Duos THE SEX ORGANS (rechts), THE DEVILS, THE CHEATING HEARTS und NEW YORK WANNABES an einem Abend. Und obendrauf dann noch anlässlich ihres 30-jährigen Bestehens THE MONSTERS als Headliner. Es war ein denkwürdiges Event im Kunstverein Montez. Doch immer schön der Reihe nach: Beim Eintreffen in der tollen Location an der Honsellbrücke am Frankfurter Osthafen erwartete die Besucher erstmal eine Überraschung: Innerhalb des Saals waren kräftig Möbel gerückt worden. Der Bartresen stand nicht mehr wie gewohnt an der hinteren Quer-, sondern nun an der linken Längsseite, dafür die improvisierte Bühne The Monsters Flyernicht wie von früheren Shows bekannt neben dem Eingang an der vorderen Quer-, sondern jetzt an der rechten Längsseite. Die bequemen Sessel und Polstersofas waren, klar, in Anbetracht des zu erwartenden großen Publikums- Zuspruchs mitsamt den Tischen heraus geräumt worden. Aber die augenfälligste Veränderung befand sich in der Mitte der Halle. Dort hatten sämtliche Support-Bands ihre Drumsets im Kreis angeordnet, vor den Trommeln war jeweils ein Mikrofonständer platziert worden. Die Damen der ersten vier Combos nahmen also im Verlauf des Konzertabends ohne nennenswerte Umbaupausen nacheinander an ihrem Schlagzeug Platz, die dazu gehörenden Herren standen vor ihnen am Mikrofon, und die Besucher konnten sich im Kreis um das gerade spielende Paar anordnen. Eine Konstellation, so einfach wie genial, und in dieser Form noch nie gesehen.

New York WannabesDen Anfang machte die einzige lokale Formation, das „Brain Stem Psycho Blues Duo“ NEW YORK WANNABES. Wir haben in diesem Blog schon des öfteren über die beiden Musiker aus Darmstadt inklusive eines langen Interviews berichtet (klicke hier), sodass wir an dieser Stelle nicht mehr in die Details gehen müssen. Schlagzeugerin Sue und Sänger/Gitarrist Lucky, die mir später erzählten, dass ihre Spielzeit vom New York WannabesVeranstalter vor der Show auf genau 22 (!) Minuten festgelegt worden war, hielten sich glücklicherweise – genau wie die folgenden Bands – nicht an die rigide Vorgabe und ließen es eine gute halbe Stunde richtig

New York Wannabes

krachen. Die NYW haben 2016 wieder zahlreiche Gigs im In- und Ausland absolviert und können inzwischen auch songtechnisch aus dem Vollen schöpfen. Seit ich die Combo vor viereinhalb Jahren erstmals hörte, bin ich Fan dieser rauen, ungestümen und zugleich so authentischen Art, Garage-Rock zu präsentieren und hoffe, dass wir nach den Langspielern „Loud and Proud“ (2012) und „Read My Soul“ (2015) im kommenden Jahr wieder mit einer neuen Scheibe rechnen dürfen.

Danach war es Zeit für das vermutlich lauteste Brautpaar Deutschlands, THE CHEATING HEARTS aus dem schönen Hamburg. Er: Weißer Anzug, schwarze Krawatte, Gel im Haar, Blümchenstrauß im Knopfloch und The Cheating Heartsschwarz-weiße Lederschuhe. Sie: Weißes Brautkleid, Schleier auf dem Kopf, rot lackierte Fingernägel und Chucks.

The Cheating Hearts

VivaValli (Schlagzeug) und Stu Black (Gitarre) präsentierten Songs aus ihrem erst vor zwei Monaten erschienenen ersten Album mit dem romantischen Titel „Fuck Love“ und wurden der Ankündigung als „Raw Dirty Wild Trash-Rock’n’Roll Duo“ durchaus gerecht. The Cheating HeartsDass Madame VivaValli dabei ein Gesicht machte, als hätte sie gerade eine Kröte verschluckt (vielleicht simulierte sie auch einen Migräneanfall) ist wohl Teil der Show. Denn wie steht es auf dem Cover der Platte geschrieben: „Heartache never sounded… this good!!“. Der meines Wissens erste Gig der Combo in Frankfurt war wild, trashig, machte Spaß und wird dem Duo einige neue Freunde eingebracht haben.

Als drittes skurrilles Pärchen stiegen THE DEVILS aus Neapel in den Ring. Mit dem als Nonne und Priester verkleideten Duo haben wir ja im Sommer diesen Jahres im Nachgang zu ihrer Show in der Bessunger Knabenschule ein Interview The Devilsgeführt (klicke hier), und auch diesmal betrug der Trash-Faktor der trommelnden

The Devils

Erica Toraldo und des Gitarre spielenden Sängers Gianni Vessella eine glatte 10,0. Höhepunkt des von drei Kerzen spärlich beleuchteten Auftritts war ein Ausflug des jungen Süditalieners auf den Tresen des Kunstvereins, von wo er einen Song lang die Gästeschar bespasste, während sich seine mit kniehohen, roten Lackstiefeln The Devilsbewehrte Kollegin im Schlagzeug- Kreis in gewohnter Manier die Seele aus dem Leib trommelte. Zum Ende des Gigs schob der Frontmann noch seinen Kopf unter das Gewand der nassgeschwitzten Drummerin und holte – kaum zu glauben – da irgendetwas Essbares heraus. Nun ja, wer‘s mag… Die Szene ist auch im Videoclip nach diesem Absatz festgehalten. Vor dem begeisterten Publikum wirbelte der The Devils„Blasphemic Blues Noise Trash’n’Roll Tornado“ einmal mehr die Grenzen des guten Geschmacks durcheinander und sorgte damit wohlweislich für einen guten Absatz ihres am reichlich gedeckten Merchtisch erhältlichen LP-Erstlings „Sin, You Sinners!“. Wer allerdings dachte, die Show sei in puncto Kuriosität schon das Nonplusultra gewesen, sah sich schnell eines Besseren belehrt…

Denn was sich da anschließend in der Mitte der Halle platzierte, hätte allen unter 18 vermutlich erstmal einen gehörigen Schrecken eingejagt: Zwei mit schwarzen Fellkostümen angezogene Gestalten, die größere von beiden länglich mit einem The Sex Organsknallroten Plastikkopf, die andere dreieckig mit einem roten Spalt mit

The Sex Organs

angenähten Zacken (!). Wie hießen die nochmal? Ach ja, die SEX ORGANS. Nun fiel auch bei den letzten Besuchern der Groschen, männliche und weibliche Genitalien sollte das darstellen. Die einen fandens lustig, für die anderen war eher Fremdschämen angesagt. Insbesondere als beim Finale des The Sex OrgansGigs der Gitarrist sein Instrument an die Seite stellte, sich einige Meter von seiner Partnerin entfernt in Position brachte, sich nach vorne beugte, Anlauf nahm, auf das Dreieck zurannte und seine Rotkappe zwischen die Zacken bohrte (Bilder dazu in der Galerie unten). Jubel von der einen Seite, gepeinte Blicke auf der anderen. Er polarisierte, der „Intergalactic Sex’n’Roll from Outer Space“. Gegründet im Oktober 2014, hat das schweizer-niederländische Duo Mitte vergangenen Jahres ihre erste 7″ namens „Fuck the Human Race“ herausgebracht, eine LP mit dem Titel „Intergalactic Sex Tourists“ soll in diesem Monat folgen. Als Label zeichnet, wie auch bei THE DEVILS, die Perlenschmiede Voodoo Rhythm für die Veröffentlichung verantwortlich. Und dessen Chef betrat als nächstes mit dem Headliner die Bühne.

Bereits seit 1986 treiben die Schweizer THE MONSTERS ihr Unwesen und eigentlich ist es erstaunlich, dass sie in diesem Blog bisher nicht dokumentiert wurden, da sie in den vergangenen Dekaden bereits Locations wie den Frankfurter Dreikönigskeller, das Darmstädter Schallbad und andere beehrt haben. The MonstersAllerdings war es einige Jahre ruhig um die Band, da sich Frontmann Reverend Beat-Man (links), der zugleich das Voodoo-Rhythm-Label betreibt, auf seine Solo- Aktivitäten konzentriert hatte und im Rahmen dieser gleich mehrmals im Rhein/Main-Gebiet auftrat (siehe Review hier). Doch nun liegt nach fünf Jahren mit „M“ ein neues Album der MONSTERS vor, das auch sogleich auf einer Mini- Euro-Tour präsentiert wurde.

Musikalisch definieren sich die Eidgenossen selbst als „Wild-Primitive-Chainsaw-Massacre-Teenage-Trash-Garage-Clonedrum-Fuzz-Rock‘n‘Roll“- Kapelle. Dies mag kompliziert klingen, ist im Prinzip aber nichts anderes als rudimentärer, primitiver Rock‘n‘Roll im SONICS-Stil, der besonders live äußert The Monsterskompromisslos und kauzig daherkommt. Um dieser Tatsache zusätzlich Ausdruck zu verleihen, wurde das Publikum zunächst mit der 80s-Disco-Schnulze „Words“ von F.R. David beschallt. Während dieser hatten sich die Musiker bereits auf der Bühne positioniert und wenn man in diesem Moment als Außenstehender den Saal betreten hätte, so hätte man glatt annehmen können, dass die adretten, älteren Herren in ihren schicken Anzügen gleich in bester James-Last-Manier für beschwingte Unterhaltung sorgen würden.

The MonstersStattdessen ertönte nach den Discoklängen jedoch ein brachiales, kakofonisches Soundgewitter, das in den ersten Song „Baby You‘re My Drug“ vom aktuellen Tonträger überging. Die Herren in den Anzügen entpuppten sich somit als Wölfe in Schafspelzen, mutierten zu musikalischen Monstern und sorgten die nächsten 90 Minuten für dreckigen, lauten Rock‘n‘Roll und gute Laune. Hervorzuheben ist, dass die Band – wann immer es die Location zulässt – mit zwei Schlagzeugern agiert, was dem Sound eine zusätzliche Wucht verleiht.

The MonstersGespielt wurden weit über 30 Stücke, die überwiegend von den letzten drei Alben stammten, zudem gab‘s einige ältere Werke und gegen Mitte des Auftritts wurden die Besucher gar Zeuge eines ungewöhnlichen Experiments: Dabei erschienen die SEX ORGANS noch einmal auf der Bühne im Zuschauerraum und interpretierten gemeinsam mit den MONSTERS einen Song. Das Publikum vor der „Hauptbühne“ bekam The Monstersalso nun von gleich zwei Seiten den Marsch geblasen. Dies war sicher eine nette Idee und showtechnisch ein Highlight, musikalisch hingegen artete das Ganze in einen lauten Soundbrei aus, der viele Anwesende dazu veranlasste, sich die Ohren zuzuhalten. Zum Glück für alle war der Spuk nach wenigen Minuten vorüber und es ging mit der regulären Show weiter.

MerchtischUnd die hielt weitere illustre Perlen wie „Happy People Make Me Sick“, „Züri brönnt“ und „Fuck You Buddah Buddah“ bereit, die allesamt vom primitiven, rohen Sound und den hohen Schreien des Beat-Man geprägt waren. Die MONSTERS waren das unbestrittene Highlight des Events, das mit dem Auftritt allerdings noch nicht sein Ende fand. Im Anschluss sorgte DJ Ingo the Sick, Inhaber des Frankfurter MerchtischPlattenladens Sick Wreckords, für Stimmung, zudem zogen einige liebevoll gestaltete Merchandise-Stände die Fans an. Auch wenn die zu helle Beleuchtung und der graue Charme der Betondecke nicht alle Gäste zum Verweilen einluden, war es dennoch ein amüsanter, kurzweiliger Abend mit allerlei kuriosen Bands.

Links: https://www.facebook.com/newyorkwannabes/, https://www.reverbnation.com/newyorkwannabes, http://newyorkwannabes.bandcamp.com/, http://www.lastfm.de/music/new+york+wannabes, http://www.thecheatinghearts.com/, https://www.facebook.com/thecheatinghearts/, https://thecheatinghearts.bandcamp.com/, http://www.last.fm/de/music/The+Cheating+Hearts, https://www.facebook.com/The-Devils/, https://www.facebook.com/The-Sex-Organs/, http://www.themonsters.ch/, https://www.facebook.com/The-Monsters-official/, http://www.last.fm/de/music/The+Monsters

Text: Stefan & Marcus / Fotos: Kai
Clips: am Konzertabend aufgenommen von Obenohneunten

Alle Bilder:

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Kommentare deaktiviert für THE MONSTERS, THE SEX ORGANS, THE DEVILS, THE CHEATING HEARTS, NEW YORK WANNABES

Filed under 2016, Konzerte, Videoclips

Comments are closed.