MUTANT MONSTER

Orange Peel, Frankfurt, 9.11.2018

Mutant MonsterOops, I did it again. Nach meinen Besuchen bei den Konzerten der japanischen Acts SHONEN KNIFE (Bericht dazu hier) und BABYMETAL (hier) hätte ich mir eigentlich bereits denken können, was mich bei MUTANT MONSTER im Frankfurter Club Orange Peel erwarten würde. Aber hey, es war Freitagabend, die zurückliegende Woche war stressig und die Neonlichter des Bahnhofsviertels zogen mich an wie das Licht eine Motte. Vor Ort fanden sich einige bekannte Gesichter der lokalen Musikszene ein, das Gros des Publikums – geschätzt etwa 60 Leute – rekrutierte sich jedoch aus Anime/Manga- und Japan-Fans, die an aufgesetzten Katzenohren, zu engen T-Shirts und seltsamen Outfits zu erkennen waren.

Bereits gut eine halbe Stunde vor Beginn nahm die Fanhorde vor der Bühne die besten Plätze ein, obgleich es nicht wirklich so voll war, dass dies nötig gewesen wäre – wahre Hingabe. Vielleicht lag es aber auch daran, dass die drei Mädels von MUTANT MONSTER alle nur etwa 1,50 Meter groß sind und man es in Mutant Monsterden hinteren Reihen durchaus schwer hatte, einen Blick von ihnen zu erhaschen. Die Tatsache, dass es das hierzulande völlig unbekannte Trio überhaupt nach Deutschland verschlagen hat, dürfte am großen Erfolg von BABYMETAL liegen, die mit ihrer skurrilen Mischung aus niedlicher Girlie-Attitüde und harten Gitarrenriffs weltweit für Furore (oder Brechreiz) gesorgt und nebenbei mit ihrem Kawaii-Metal (jp. Mutant Monster„kawaii“ = dt. „süß, niedlich“) eine neue Musikrichtung kreiert haben. Und da sich das genannte Konzept hervorragend vermarkten lässt, schicken nun andere clevere Produzenten ihre Man-Made-Monster bzw. MUTANT MONSTER ebenfalls ins Rennen. Tatsächlich sind mit LOVEBITES (im Aschaffenburger Colos-Saal) und BRIDEAR (im Frankfurter Club „Das Bett“) in diesem Monat noch zwei weitere japanische All-Girl-Bands, die nach dem Mutant Monstergleichen Muster gestrickt sind, im Rhein/Main-Gebiet auf Tour.

Das Internet hält nicht allzu viele Informationen über MUTANT MONSTER bereit, weiß jedoch zu berichten, dass die Formation 2008 – also zwei Jahre vor BABYMETAL – von den Schwestern Be (Bass) und Meana (Gitarre) gegründet wurde und dass Schlagzeugerin Chad, die seit 2011 hinter der Schießbude sitzt, mit den beiden dieselbe Highschool in Tokio besucht hat. Das Album-Archiv Discogs verrät, dass die Combo inzwischen bereits sieben (!) Longplayer und eine EP veröffentlicht hat, von denen immerhin zwei – „Abnormal“ aus dem Jahr 2017 und aktuell „Nekokabuki“ – über das englische Label JPU Records auch in Europa erschienen sind.

Mutant MonsterAuf dem Flyer wurde die Band als Punkrock-Grrrls angekündigt, wobei es schon viel Fantasie bedurfte, das Dargebotene dem Punkrock- bzw. Riot-Grrrl-Genre zuzuordnen. Vielmehr war es eine Mischung aus den Chipmunks und den Schlümpfen, die in ihren jeweiligen Cartoon-Serien auch gelegentlich musizieren, die sich auf der Bühne manifestierte. Geboten wurde generischer Drei-Akkorde-Bubblegum-Pop, der so spektakulär war wie der bekannte chinesische Reissack. Auf einem Mutant MonsterKindergeburtstag samt bunter Luftballons und einigen als Stofftiere verkleideten Tänzern hätte das Ganze vielleicht funktioniert, auf der Bühne eines Rock‘n‘Roll-Clubs jedoch wirkte das Trio eher deplatziert.

Da half es auch nichts, sich mit bunter Kriegsbemalung zu schmücken und sich in einstudierten Rock-Posen zu ergehen. Die angereiste Fanschar, die vermutlich bei einer offenen Aufbahrungs-Zeremonie auch ihren Spaß gehabt hätte (sofern der Verblichene ein Japaner gewesen wäre), hopste dennoch begeistert vor der Bühne umher und reagierte sogar auf lepsche Ansagen wie „We aaa in Gömanny!“ mit frenetischem Applaus. Zugegeben, der Auftritt hatte einen Mutant Monstergewissen Entertainment-Faktor – aber weniger aufgrund seiner Klasse, sondern wegen der absurden Ernsthaftigkeit, mit der die drei Musikerinnen ihren Trashpop zelebrierten.

Im letzten Drittel des Sets gab‘s noch ein Cover des Sonny Curtis-Klassikers „I Fought the Law“, bei dem ich Joe Strummer von THE CLASH, der wohl die bekannteste Interpretation des Songs lieferte, sich in seinem Grab Mutant Monsterherumdrehen hörte. Und so war der Gig, für mich zumindest, der befürchtete Reinfall. Die Nerd-Gemeinde hingegen frohlockte und plünderte im Anschluss den Merchstand wie die Geier das Aas – und das bei T-Shirt-Preisen von 35 Euro: Hauptsache, die Band kommt aus Japan. Ich bin derweil gespannt, wann mich mein musikalischer Masochismus das nächste Mal in die Gefilde des Japano-Trashs entführt. In diesem Sinne, Sayonara!

Links: https://mutant-monster.com/, https://www.facebook.com/mutantmonster.mmgirls/, https://www.last.fm/de/music/mutant+monster

Text: Marcus
Fotos: Eric, https://www.flickr.com/photos/vanreem
Clip: Stefan

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