NAPALM DEATH, TRAINWRECK, DEATHRITE, CHAOSFRONT

Schlachthof Wiesbaden, 12.07.2013

Fast 15 Jahre ist es her, seit ich NAPALM DEATH das letzte Mal gesehen habe. Damals spielten sie als Vorgruppe (!) von CRADLE OF FILTH; und irgendwie hat das im Rückblick was von einer geschmacklichen Wachablösung meinerseits. Die Neunziger waren mein ND-Jahrzehnt, sie teilten sich in meinem Beisein die Bühne mit Bands wie MACHINE HEAD oder OBITUARY, CROWBAR oder ENTOMBED. In den Neunzigern war Death Metal für mich das Maß aller Dinge; heute höre ich eher Black Metal. Keinen mehr wie den von Cradle oder DIMMU BORGIR, aber irgendwie muss man ja anfangen.

Nun sind NAPALM DEATH ja mindestens genauso Hardcore- Punk wie Death Metal oder Grindcore, aber die in den Neunzigern veröffentlichten Alben waren schon sehr DM-like. Tonträger, die in den letzten 15 Jahren erschienen sind, habe ich mir nicht mehr angehört, was mich nicht gerade zur ersten Wahl bei der Berichterstattung über dieses Konzert macht. Auch die drei (!) Supportbands CHAOSFRONT, DEATHRITE und TRAINWRECK sagten mir allesamt nichts, aber egal: Es ist Freitag; und auch wenn die Musik von NAPALM DEATH in der Regel woanders spielt fand ich sie zumindest immer besonders sympathisch und ehrenwert, also ab in den Schlachthof nach Wiesbaden.

Die den Abend eröffnende CHAOSFRONT aus dem Westerwald nennt ihre Musik „Anticopper Hardcore“, existieren mit Pause auch schon seit 20 Jahren und hatten

absolut textsichere Fans am Start. Die überschaubare Meute hielt sich noch ziemlich zurück und bildete statt Moshpit einen Halbkreis der stummen Andacht vor der Bühne, der flugs von den beiden Vokalisten übernommen wurde. Die Vorsicht der meisten Betrachter sorgte für ein paar sarkastische Sprüche der CHAOSFRONT-Musiker, in denen fortgeschrittenes Alter und die damit verbundene Ruhe eine Rolle spielten. Mindestens zwei Fans gingen aber die ganze Zeit steil und duften auch ab und an ins Mikro grölen. Die Stimmung war schlussendlich so gut, dass die Herren sogar als einzige Vorband noch eine (Mini-)Zugabe spielen durften/sollten. Geile kleine Privatparty, die die meisten qualmend in der Sonne verpasst haben.

Bei den folgenden DEATHRITE wurde ich angenehm an die Schwedentod- Bands erinnert, die wissen, wie man Rock’n’Roll schreibt und

dabei den Fuß keine Sekunde vom Gas nehmen. Schluss mit der Andacht, ab jetzt wurde heftigst gefeiert. Haben die T-Shirt Motive etwas Sakrales und erinnern durchaus auch an Black Metal-Motive, klingen die Dresdener eher wie eine Abrissbirne auf Speed. Unfassbar geil und schon ein absolutes Highlight, selbst wenn jetzt nur noch Rotz folgen würde. Seht dazu auch den Clip:

Die Screamo-Band TRAINWRECK stammt laut last.fm aus Aachen, Bremen, Göttingen…, ich meine aber gehört zu haben, dass sie Chemnitz als ihre

Heimatstadt angaben. Oder war das DEATHRITE, die aus Dresden stammen sollen? Wie auch immer: Den Atheismus teilt diese Band schon mal mit NAPALM DEATH und wohl dem Großteil des Publikums. Akustisch auf die Fresse gab es weiter, mit heftigem Todesgeröchel und infernalischer Hektik.

Die minimalen Ausflüge in gefällige Melodik, die mir auf CD manchmal den Spaß an dieser Combo nimmt, waren live zum Glück nicht zu erahnen. Die seit 2005 existierende Band ließ sowohl die alten Säcke als auch die Schulbuben gleichermaßen ausrasten und trug dementsprechend das ihre zur generationenübergreifenden Härtnerparty bei.

Das war natürlich alles ganz toll, aber letztendlich zeigten die Engländer, wo der Most geholt und hergestellt wurde. Als NAPALM DEATH begannen war leider

klar, dass ich sie mir nicht fertig würde anschauen können, um den letzten Zug nach FFM nicht zu verpassen. Dabei schien es relativ egal zu sein, dass ich die Band schon so lange nicht mehr gehört habe: Songs von „Fear, Emptiness, Despair“ oder „Inside The Torn Apart“ standen ebenso auf der Setlist wie der eine oder andere Uraltkracher.

Gitarrist Mitch Harris ließ die Menge wissen, dass Sänger Mark „Barney“ Greenway Geburtstag habe und animierte das Publikum zur verfrühten Gratulation – laut Wikipedia wäre es erst am 13. Juli soweit.

Vielleicht ist das ja ein Day Off… Ich musste mich jedenfalls auf die Socken machen, leider ohne ein erhofftes DEAD KENNEDYS- Cover zu hören – vielleicht kam das ja noch. Ich fand den Abend jedenfalls klasse und verspreche, nicht wieder 15 Jahre bis zum nächsten ND-Gig zu warten.

Links: http://napalmdeath.org/, https://myspace.com/napalmdeath, http://www.lastfm.de/music/Napalm+Death, http://trainwreck5.wordpress.com/, https://myspace.com/trainwreck5, http://www.lastfm.de/music/Trainwreck, http://deathrite666.blogspot.de/, https://myspace.com/deathrite666, http://www.lastfm.de/music/Deathrite, http://www.chaosfront.eu/, https://myspace.com/chaosfront, http://www.lastfm.de/music/ChaosFront

Text & Fotos: Micha
Clips: aufgenommen am Konzertabend von mattsixsixsix

Mehr Bilder:


1 Comment

Filed under 2013, Konzerte, Videoclips

One Response to NAPALM DEATH, TRAINWRECK, DEATHRITE, CHAOSFRONT

  1. Bert

    Schad … hätte mich auf nen ausführlichen Bericht über Napalm Death gefreut!

    Ich hab se vor Jahren mal auf dem Blackpooler Rebellion sehen dürfen und es war auch für einen eher 77-Old-School-HC-Mischmasch-Billy-Deutschpunk-ler schon ne tolle Sache, weil sie auf dem Festival eigentlich total aus der Reihe tanzten!

    Gruß,
    Bert