NEGATIVE APPROACH

Schlachthof, Wiesbaden, 5.09.2014

Negative ApproachNEGATIVE APPROACH haben seit ihrer Gründung 1981 lediglich drei Jahre existiert, ’83 löste sich die Band bereits wieder auf. Allerdings entstand in dieser Zeit mit „Tied Down“ ein Album, das zehn hasserfüllte Hardcore-Hymnen enthielt, die in puncto Aggressivität und Kompromisslosigkeit zum damaligen Zeitpunkt einzigartig waren. Wer sich für Hardcore interessiert, dürfte diesen Klassiker in seiner Sammlung haben, gilt er doch als eine der Veröffentlichungen, die einst das Genre definierten. Der Kult-Status, den NEGATIVE APPROACH heute innehaben, erlangte die Formation wie viele andere posthum. Nach der Trennung gingen die einzelnen Bandmitglieder getrennte Wege. Shouter John Brannon gründete – inspiriert durch einen Konzertbesuch von Nick Caves BIRTHDAY PARTY – gemeinsam mit seiner Freundin Larissa Strickland die Formation LAUGHING HYENAS, die bis Mitte der Neunziger existierte. Aktuell heißt Bannons Hauptband EASY ACTION – benannt nach der zweiten Scheibe von Alice Cooper aus dem Jahr 1970 – und widmet sich dem Blues-Punk. NEGATIVE APPROACH betreibt er eher als Hobby und vielleicht als Missionar, Negative Approachum jungen Hardcore-Kids noch einmal die Gelegenheit zu geben, einen Wegbereiter des Genres live zu erleben.

Es war 2006, als die Idee entstand, die Band mit neuen Mitgliedern zu reformieren. Mit von der Partie sind seither EASY ACTION-Gitarrist Harold Richardson, ex-NECROS-Basser Ron Sakowski und Chris „Opie“ Moore – einer der Drummer der ersten Bandphase – der Negative Approachjedoch aufgrund familiärer Verpflichtungen selten auf Übersee-Touren dabei sein kann. Statt seiner saß am gestrigen Abend ein alter Bekannter hinter der Schießbude: John Lehl von den MEATMEN, den wir bereits 2012 bei deren Deutschland-Tour kennenlernten. Dass Lehl mit von der Partie war, verwunderte wenig, denn beide Bands stammen aus Detroit und sind bereits seit ihrem Bestehen eng befreundet, die erste EP von NEGATIVE APPROACH aus dem Jahr 1982 erschien gar auf dem Label des MEATMAN-Fronters Tesco Vee, Touch & Go Records. Seit ihrer Reunion war die Formation um John Brannon bereits zweimal auf Euro-Tour, das Rhein-Main-Gebiet wurde jedoch stets Negative Approachausgespart. Daher nutzten wir nun die Gelegenheit, eines der amerikanischen Hardcore-Urgesteine einmal live zu erleben.

Als Opener fungierten die Saarbrücker WORLD EATER, die wir aber verpassten, da sie offensichtlich um Punkt acht auf der Bühne standen und bei unserer Ankunft um neun schon wieder verschwunden waren. Schade, denn was ich von ihnen im Netz gehört hatte, klang nach Hardcore alter New Yorker Schule. Brannon kommentierte die Band im späteren Verlauf des Abends lediglich mit der Aussage, dass die Jungs es nicht einmal geschafft hätten, zu fünft einen Kasten Bier zu leeren, sodass NEGATIVE APPROACH das übernehmen mussten.

Negative ApproachDies lässt bereits erahnen, dass es sich bei den Amerikanern um keine Straight-Edge-Band handelt, sondern um angepisste Asis, die mittels ihrer Musik ihrem Frust Luft machen. Dies war damals so und ist auch heute noch so. Brannon (Jahrgang 1961), ein äußerst zynischer Zeitgenosse, machte die angepisste Haltung seiner Truppe bereits durch seine Körpersprache auf der Bühne deutlich. Der Mann blickte drein, als ob ihn gerade seine Frau verlassen, er seinen Job verloren hätte und er vorm Antritt einer fünfjährigen Haftstrafe stehen würde. Kurzum, der Typ vermittelte einen extrem soziopathischen Eindruck und fiel in die Kategorie „Leute, denen man nicht im Dunkeln Negative Approachbegegnen möchte“. Irgendwie erinnerte er mich außerdem ein wenig an Glenn Danzig zu SAMHAIN-Zeiten, nicht nur vom Auftreten, sondern auch von der Mimik her.

Die Stimme allerdings unterschied sich deutlich von der des MISFITS-Gründers, denn Brannon beschränkte sich darauf, die Lyrics in kurzen, keifenden Schreien wiederzugeben. Ob der Fronter tatsächlich die Texte wiedergab oder einfach nur Negative Approachrhythmische Schreie zur Musik ausstieß, sei mal dahingestellt, fest stand aber, dass die Songs dennoch erkennbar waren und der vor der Bühne tobende Mob jeden Klassiker lauthals mitgrölte. Egal ob „Tied Down“, „Ready to Fight“ oder „Negative Approach“, es machte Spaß, die alten Hits mal live zu hören. Allerdings war der Spaß auch recht schnell wieder vorbei, denn die Jungs droschen schätzungsweise 25 Songs in einer gefühlten halben Stunde raus, sodass das Konzert bereits gegen 22 Uhr vorüber war.

Negative Approach

Der Gig war wie ein Sprint durch ein Minenfeld – brutal, gemein und gewalttätig. Und auch wenn lediglich etwa 70 Besucher anwesend waren und das Ganze daher nicht den Auftritten der Combo in den USA gleichkam, bei denen der Shouter oftmals kaum zu sehen ist, weil er ständig von einer Menschentraube umgeben ist, die lautstark alle Texte mitgrölt, so war unsere Audienz bei einer der wichtigsten Hardcore-Bands des Genres doch ein eindrucksvolles Erlebnis. Und wer weiß, vielleicht sehen wir die Jungs in den nächsten Jahren ja noch einmal, ein neues Album ist auf jeden Fall in Mache…

Links: https://myspace.com/negativeapproach, http://www.lastfm.de/music/Negative+Approach, https://files.nyu.edu/cch223/public/usa/na_main.html

Text & Fotos: Marcus

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