Elfer Music Club, 25.03.2012
Schon bei unserer Ankunft in Eschersheim war zu erkennen, dass NIETNAGEL bereits vor Ort waren. Die Jungs waren wie immer mit dem bandeigenen Spähpanzer angereist, der eindrucksvoll vorm Elfer thronte. Nach kurzer Begrüßung der Nietnägel Panzerpapst, Kenny Muerte und Lord Iron Nail ging’s dann auch schon los: Begleitet von Explosionen, Nebel und Maschinengewehrfeuer betrat das Trio aus Offenbach die Bühne des nicht ganz ausverkauften Kellers und eröffnete das Set mit „Black Out Metal“, dem Titeltrack ihrer noch aktuellen EP. Der Song bezeichnet gleichzeitig den selbst kreierten Musikstil der Gruppe – Black Out Metal – eine Mischung aus Black Metal, Dschingis Khan und Beavis & Butthead – (F)arthaus-Kino für die Ohren.
Stets subversiv und gesellschaftskritisch, sieht sich NIETNAGEL als Spiegelbild einer Gesellschaft am Abgrund. Der Song „Under Sperrfeuer“ beispielsweise liefert ein Statement gegen Fluglärm und in „Reichsflugscheibe“ setzt sich die Band kritisch mit neuen Technologien auseinander. Die subtilen Botschaften dürften allerdings nur Musik-Freunden gewahr werden, die einen intellektuellen Zugang zur Kunst der Gruppe finden. Als drastischen Gegenpol zur dargebotenen Ernsthaftigkeit streute die Band immer wieder Lieder der leichten Unterhaltung ein, wie etwa den Titelsong der von William B. Seabrook inspirierten Abenteuer-Serie „Wickie“, für die Regisseur Ralph Bakshi, ein enger Freund der Combo, mehrfach ausgezeichnet wurde.
NIETNAGEL verkörpern genau das, was man an Live-Konzerten schätzen sollte: den Überraschungsmoment, der den Zuschauer stets im Ungewissen lässt, ob es ihm gelingt, die Halle ohne geistige oder körperliche Blessuren wieder verlassen zu können. Nach etwa 30 Minuten geballter und technisch hochwertiger Black Out Metal-Performance näherte sich schließlich der Höhepunkt der Show: Der Song „Satanic Werwolf“, eine textliche Abrechnung mit der Vergangenheit des Papstes, stand an. Einem jungen Mann aus dem Publikum wurde die Ehre zuteil, die Aussage des Stücks im Gewand eines Werwolfs mimisch zu interpretieren – Improvisationstheater des Wahnsinns!
Im Anschluss folgte das Stück „The Prophecy“, in dem die Gruppe prophezeit, dass sie sich bald auflösen wird. Eine Aussage, die hoffentlich nicht ernst gemeint ist, denn die Szene braucht innovative, rebellische und visionäre Bands wie diese!
Als letzten Song coverte sie ein Lied des US- amerikanischen Rockpoeten Kevin Michael Allen, in dem dieser sich mit dem Sinn des Lebens – und Ablebens – befasst. „Die When You Die“ verlangte dem erschöpften Publikum noch einmal alles ab und gipfelte schließlich in einer weiteren Explosion auf der Bühne, die die Gitarre des Panzerpapstes ungewollt in Brand setzte. Dank Feuerlöscher, Decken und einem noch nicht ganz leeren Bembel konnte jedoch Schlimmeres verhindert werden.Der kurze Schreck war schnell überwunden, danach wurde die Band frenetisch gefeiert und kam nicht umhin, eine weitere Zugabe zu spielen. Gewählt wurde ein Song einer Gruppe neo-intellektueller Geisteswissenschaftler, die sich in den USA unter dem Namen VERBAL ABUSE zusammengefunden haben. „I Hate You“ bildete schließlich den Abschluss eines furiosen Live-Auftritts, den man in dieser Form selten gesehen hat. Wer auf eine Mischung aus Black (Out) Metal, Show, Comedy und Überraschungen steht und schon immer mal KISS mit Bleivergiftung und auf LSD erleben wollte, der sollte sich das nächste Konzert der mächtigen NIETNAGEL nicht entgehen lassen. Die angebotenen Merchandise-Artikel erfreuten sich einmal mehr großer Beliebtheit: Allein am gestrigen Abend verkaufte die Band mehr als 30 Jogginghosen mit der Aufschrift „Triumph des Chillens“.
Eigentlich waren wir nur gekommen, um NIETNAGEL zu sehen, doch diese fungierten lediglich als Special Guest. Der Hauptact war eine Band aus unserem Nachbarland Dänemark, die auf den Namen RISING hört und eine Mischung aus traditionellem Metal und diversen anderen Spielarten wie Doom, Speed- und New-Metal bot. Die Jungs mühten sich redlich, wirkten aber im Vergleich zum Schlachtschiff vorher eher wie ein Tretboot. Dennoch legten sich RISING ordentlich ins Zeug und kamen dabei unglaublich sympathisch rüber.
Wie NIETNAGEL auch als klassisches Trio in MOTÖRHEAD-Besetzung agierend, spielten sich die jungen Dänen mit zunehmender Konzertdauer in die Herzen des Publikums, das tatsächlich bis zum Ende der Show – es war immerhin ein Sonntagabend – ausharrte. Besonders der Gitarrist im RAINBOW-T-Shirt, der
durchaus als Double des Schauspielers Jack Black hätte durchgehen können, wusste durch seine technischen Fertigkeiten zu überzeugen. Irgendwie klang der Sound wie eine härtere und nicht-kommerzielle Version der derzeit ach so angesagten MASTODON. Da RISING erst eine Scheibe veröffentlicht haben, war das Spektakel allerdings auch schnell wieder vorbei.Alles in allem ein gelungener Abend, der viel Spaß gemacht hat. Und als wir auf dem Rückweg mit den Rädern an der Nidda entlangfuhren, stimmten wir noch einmal NIETNAGELS Smash-Hit „Under Sperrfeuer“ an und entschwanden in die Nacht…
Links: http://www.myspace.com/nietnagel, http://www.myspace.com/risingdk
Text & Fotos: Marcus
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