NOMEANSNO

Au-Sommerfest, 8.06.2013

Schon lange vor dem Beginn des Au-Sommerfestes schießen jedes Jahr die Spekulationen ins Kraut, wer denn wohl das Event als Headliner anführen wird. Einige Eingeweihte wissen früh davon, zu einigen treibt es später die Buschtrommel und der Rest lässt sich ganz einfach überraschen, wenn die Flyer ausliegen. Die Reaktionen zu NOMEANSNO waren im Vorfeld sehr unterschiedlich: Die nimmermüde tourende Band ist in den vergangenen Jahrzehnten rund um den Erdball und natürlich auch im Rhein/Main-Gebiet (meistens im Exzess Bockenheim) so oft aufgetreten, dass manch Konzertgänger behauptete, sie „schon tausendmal gesehen“ zu haben und sich deshalb einen anderen Act gewünscht hätte.

Die andere, weit größere Fraktion, freute sich auf den Gig, denn NMN ist unbestritten live immer eine ganz dicke Kartoffel. Ich schließe mich letzterer Ansicht an und finde außerdem: Ehre, wem Ehre gebührt. Nicht jede Combo hat das Zeug dazu, dem Festival die Krone aufzusetzen, und das noch bei einem runden Geburtstag zu tun, dafür kommen ohnehin nicht allzu viele (finanzierbare) Bands in Frage. Für mich ein absolut würdiger Headliner.

Frontmann Rob Wright (Gesang & Bass), sein Bruder John Wright (Schlagzeug) sowie Tom Holliston (Gitarre) betonten während des folgenden Auftritts auch brav, sich geehrt zu fühlen, zu dem Event eingeladen worden zu sein. Und das nehme ich ihnen ab. NMN sind keine Band, die sich zum Gig karren lässt, ihr Set runterreißt und dann wieder schnell die Kurve kratzt. So sah ich John schon Stunden vor der Show am Nachmittag in Schlappen und Shorts über das Gelände tappen.

Der Auftritt selbst ließ keine Fragen offen: Der NOMEANSNO’sche Frickel-Core, angesiedelt irgendwo in der Schnittmenge zwischen Punk, Hardcore, Funk und Jazz, begeisterte auch diesmal wieder. Es gibt wohl keine Band innerhalb

des Genres, die einen eigenwilligeren Stil entwickelt hat. Das macht den Sound unverwechselbar und schützt vor Kopisten. Und als ich mir den Weg zur Bühne bahnte, um noch ein paar zusätzliche Fotos für diesen Artikel beizusteuern und mir ein Bekannter beim Vorbeigehen ins Ohr schrie „Was für eine geile Scheisse ist das denn?“, da wusste ich, dass es zum einen doch immer noch unerschlossenes Fan-Potenzial gibt und es NOMEANSNO zum anderen gelungen war, auch den letzten der diesjährigen Au-Fest-Besucher mit ihrer Musik einzufangen.

Gegen Ende des Sets, das übrigens diesmal einiger fest erwarteter Stücke wie z. B. „Now“ und „Sex Mad“ entbehrte, wartete das Trio für alle Freunde des simpler gestrickten Punkrocks noch mit ein paar feinen RAMONES-Covern auf. Das haben die Jungs zwar früher auch schon getan, als sie sich kurz hinter die Bühne zurückzogen, um unter dem Gejohle des Publikums in Eishockey-Trikots als die HANSON BROTHERS wieder aufzutauchen. Nachdem die Band den HB jedoch ein Ende gesetzt hat (wir berichteten über den Abschiedsgig im Exzess hier), um sich künftig mehr auf NOMEANSNO zu konzentrieren, blieben die Clubshirts aus der US-Profiliga NHL diesmal leider im Spind. In den nun folgenden, rasend schnellen 20 Minuten konnte sich trotzdem jeder Zuhörer davon überzeugen, dass die drei Herren Nummern wie „Rockaway Beach“,  „Sheena is a Punk Rocker“ oder „Blitzkrieg Bop“ auch ohne Leibchen keinen Deut schlechter drauf haben als die Originale von einst. Sollte die Show noch des berühmten i-Tüpfelchens bedurft haben, so war es dieses.

Der Auftritt wies eindrucksvoll nach, dass NOMEANSNO auch im 34. Jahr nach Bandgründung voll im Saft stehen. Und so hoffe ich, dass sich die Kanadier, die inzwischen zu den ältesten noch aktiven Semestern der Punk/HC- Szene gehören, sich nicht jenen Spruch zu Herzen nehmen, der als Graffiti-Schriftzug auf dem Cover der bereits 2004 erschienenen NMN-Compilation „The People’s Choice“ zu lesen ist: „How fucken old are Nomeansno? Give it up Grandads.“ Doch wer sie gestern gesehen hat, der weiß, dass dieser Tag glücklicherweise noch in weiter Ferne liegt.

Links: http://www.nomeanswhatever.com/tour.html, http://de.myspace.com/n0meansn0, http://www.no-means-no.de/

Text, Fotos (7) & Clip: Stefan / Fotos (5): Frank

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