Batschkapp, Frankfurt, 23.12.2013
Alle Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, sondern auch PETER samt seinen TEST TUBE BABIES. Der Legende nach spielten die Engländer erstmals 1986 in der Frankfurter Batschkapp. Seither kommen sie (fast) jeden Dezember wieder, meistens am 23. Auch in diesem Jahr waren die Jungs erneut da, und dennoch war alles anders. Das Konzert fand nämlich erstmals in der neuen Batschkapp statt, die knapp zwei Wochen zuvor ihre Pforten geöffnet hatte. Die alte Kapp konnte ich bequem in zehn Minuten per Fahrrad erreichen, die neue Location verlangt mir eine Reise quer durch die Stadt ab. Aber immerhin kann ich direkt vor meiner Haustür in die U-Bahn steigen und bin – schwupps – sechzehn Stationen später in der Gwinnerstraße. Von dort aus sind es nur noch ein paar Meter, bis auf der linken Seite eine hässliche Lagerhalle auftaucht, an der ein riesiges Batschkapp-Logo prangt.
Über einen mittelgroßen, aber gesperrten Parkplatz gelangt man zur Halle und betritt diese durch einen überdachten Vorbau. Der beherbergt im Außenbereich die Kasse und offenbart im Innenbereich eine Lobby inklusive Theke, die allerdings hässlicher und ungemütlicher nicht sein könnte. Das Ganze hat etwas
von einer lieblos gestalteten S- Bahn-Haltestelle, die ja bekanntlich mit Absicht ungemütlich gehalten werden, um Fahrgäste und Obdachlose nicht zum Verweilen zu animieren. Warum man das Foyer in eben dieser Art eingerichtet hat, ist mir ehrlich gesagt schleierhaft. Da es keine Kneipe in unmittelbarer Umgebung gibt, hätte es sich doch angeboten, eine gemütliche Lobby zu integrieren, um die Besucher im Anschluss an die Konzerte noch ein wenig an die Location zu binden. Dem ist nicht so, das Ambiente verleitet nun eher zum sofortigen Verlassen. Aber vielleicht findet sich ja jemand, der in der Nähe eine gemütliche Rock’n’Roll-Kneipe aufmacht; bereits vor dem Konzert wurde diese Idee von einigen Gästen heiß diskutiert. Auf jeden Fall wäre es eine Geschäftsidee mit Zukunft.Im Gegensatz zum Vorraum ist die Konzerthalle ein echtes Schmuckstück. Groß, angenehm dunkel und ausgestattet mit einer beachtlichen Licht- und Soundanlage. Der Saal fasst dreimal so viele Besucher wie der alte Standort in Eschersheim und lässt sich außerdem räumlich unterteilen. Im Innenraum haben etwa 1000 Besucher Platz, auf einer Empore, die teilweise bestuhlt ist, weitere 500. Am gestrigen Abend war die Halle etwa in der Mitte durch einen schwarzen Vorhang abgeteilt und die Empore geschlossen. Schade, denn ich hätte gern gesehen, wie das Geschehen von oben wirkt. Durch die räumliche Begrenzung war’s ähnlich wie in Eschersheim, rund 600 Menschen tummelten sich dicht gedrängt vor der Bühne und trotz zweier Theken (Lobby und Halle) stand man ewig für ein Bier an. Das war dann auch noch Warsteiner (0,5 l) und kostete plus Pfand fünf Euro. Mit dem Pfand dürfte der Laden übrigens ein gutes Geschäft machen, denn auf dem Rückweg saßen nicht wenige Leute mit vollem Bierglas in der Bahn.
Als ich gegen 22 Uhr die Halle betrat, hatten bereits zwei Vorgruppen gespielt, deren Namen mir allerdings niemand sagen konnte, da die Leute entweder selbst gerade erst gekommen waren oder bis dahin draußen mitgebrachtes Bier verköstigten. Punk-Konzerte um 20 Uhr beginnen zu lassen ist eine Unart, die mir an der Kapp schon immer auf den Sack gegangen ist.
Die TEST TUBE BABIES betraten gegen Viertel nach Zehn standesgemäß kostümiert das Podest. Nachdem die Jungs in den vergangenen Jahren bereits als Polizisten, Clowns und sogar als ABBA-Lookalikes aufgetreten waren, präsentierten sie sich 2013 in religiösen Roben. Sänger Peter (links) war als (schwangere) Ordensschwester gekleidet, Gitarrist Del präsentierte sich im Priester-Talar und Basser Paul hatte sich das Gewand von einem buddhistischen Mönch geborgt, es könnte aber auch eine Gardine gewesen sein. Eine gewisse Ähnlichkeit zu Buddha war jedenfalls nicht zu verleugnen, nicht zuletzt aufgrund Pauls ausgeprägter Plauze und seiner nicht vorhandenen Haarpracht.
Los ging’s – passend zu Weihnachten – mit einer recht schrägen Version von „Silent Night“, bei der sich das Publikum schon mal warm brüllen konnte. Gleich beim ersten Song fielen die schummrig-schöne Bühnenbeleuchtung und der opulente Einsatz von Nebel auf, die das Geschehen auf der Bühne recht atmosphärisch in Szene setzten. Der Sound war gut, wenn auch recht leise – es kommt nicht oft vor, dass man sich ohne zu schreien bei einem Punk-Konzert unterhalten kann – und die Band präsentierte sich in guter Form. Peter „predigte“ zunächst von einer in der Mitte platzierten Kanzel aus, nutzte im Laufe der Show aber die gesamte Fläche der Bühne für seine Performance.
Der Fokus der Songs lag natürlich auf den ersten beiden Scheiben der Engländer, sodass keiner ihrer Hits fehlte. Ob „Moped Lads“, „The Jinx“, „Never Made It“, „Banned from the Pubs“ oder „Elvis is Dead“, alle Gassenhauer waren vertreten und wurden von den textsicheren Fans mitgegrölt. Ob das Ganze nun besser oder schlechter als in den vergangenen Jahren war, vermag ich nicht zu beurteilen, da ich die letzten Jahre überwiegend im Elfer verbracht habe und selten in der Batschkapp. Und genau da lag das Problem des gestrigen Abends: Das Konzert war solide, aber die eigentliche Party fehlte. Deshalb endete mein Ausflug bereits zu früher Stunde mit der Heimfahrt in der letzten U-Bahn. Und solange es am neuen Standort keine Kneipe oder wenigstens ein gemütlicheres Entrée gibt, werde ich mir zumindest PETER & THE TEST TUBE BABIES dort nicht mehr ansehen. Das Ticket kostete übrigens an der Abendkasse 26 Euro, ein No-Go für einen Punk- Gig. Mir ist zwar klar, dass all die Türsteher, das Thekenpersonal, die Tontechniker und Beleuchter bezahlt werden wollen, aber es ist schon verwunderlich, dass das Konzert eines amerikanischen Künstlers wie Jello Biafra nur wenige Monate zuvor deutlich günstiger war, als das einer englischen, weniger erfolgreichen Band. Mein Fazit: Ein ordentliches Konzert, aber leider nicht die Party, die sie einst in der alten Location war.
Setlist: Silent Night – Moped Lads – Run Like Hell – The Jinx – Never Made It – My Unlucky Day – Shit Stirrer – Up Yer Bum – Spirit of Keith Moon – Keep Britain Untidy – Shake My World – Transvestite – Maniac – Banned from the Pubs – Blown Out Again – Vicars Wank Too – I’m Getting Pissed For X-Mas – Elvis is Dead – September – Hocus Pocus – Leader of the Gang
Links: http://www.testtubebabies.co.uk/, https://myspace.com/fourbuffoons, http://www.reverbnation.com/peterandthetesttubebabiesofficial, http://www.lastfm.de/music/Peter+and+the+Test+Tube+Babies
Text & Fotos: Marcus
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