Raumstation, Frankfurt, 8.12.2018
Um erstmal all denjenigen den Zahn zu ziehen, die beim Namen PUERTO HURRACO SISTERS eine exotische All-Girl-Formation in Baströckchen erwarten: Nein, Ihr braucht an dieser Stelle nicht mehr weiterzulesen. Um sieben Kerle handelt es sich nämlich, die sich vor einigen Jahren zusammengetan haben, um ihrem Publikum mit einer ultimativen Mischung aus Ska, Jazz und Reggae die Tanzschuhe anzuziehen. Und das Septett stammt mitnichten aus dem kleinen spanischen Dorf Puerto Hurraco (das 1990 durch ein blutiges Massaker in die Schlagzeilen geriet, mehr dazu hier), sondern aus heimatlichen Gefilden. In diesen sind die Bandmitglieder alles andere als unbekannt, haben sie doch in den vergangenen Dekaden mit anderen Combos schon jede Menge Meriten erworben: Zu nennen ist in erster Linie der in unseren Breiten (und darüber hinaus) äußerst beliebte zehnköpfige Wiesbadener Ska-Act FRAU DOKTOR, bei dem sowohl Hartmut Göbel (Bass) als auch Sebastian Riegel (Schlagzeug), Thies Möller (Trompete), Oliver Vogt (Saxophon) und Matthias Kraft (Keyboard) tätig waren und bei gelegentlichen Reunion-Gigs immer noch sind. Gitarrist Frank Rahm spielt(e) unter anderem bei der legendären Lauterer Punkband WALTER ELF sowie bei SPERMBIRDS, KICK JONESES und BUNGALOW 7. Die Formation komplettiert „Youngster“ Florian Starck an der Posaune.
Ich sah die Truppe erstmals 2015 und (nach zwei Auftritten im Frankfurter Dreikönigskeller und einem im Yachtklub) am gestrigen Abend in der kleinen Raumstation im Stadtteil Rödelheim zum nunmehr vierten Mal. Und ich bin immer wieder begeistert, wieviel positive Energie die Band ausstrahlt und meist schon während des ersten Songs an die Gäste transportiert, sodass Gigs der PUERTO HURRACO SISTERS stets zu einem mitreißenden, schweißtreibenden Tanzerlebnis werden. Das Zusammenspiel der erfahrenen Musiker ist brillant und dass die Jungs auf der Bühne ihre Show selbst genießen, ist durch Blicke und Gesten, die da unter anderem innerhalb der Bläser-Sektion oder zwischen den beiden Gitarristen ausgetauscht werden, zu jeder Sekunde spürbar. Das nenne ich virale Gute-Laune-Verbreitung, der man sich – so man einigermaßen ska-affin ist – unmöglich entziehen kann.
Seit 2017 haben die PHS auch ein Album am Start: „Goin‘ Out“ heißt das bei Rookie Records erschienene Debüt-Werk, das laut Bandinfo „handverlesene Jazzthemen vor allem aus der Hard Bop- und Soul Jazz-Ära der späten 50er Jahre mit den Offbeat-Grooves aus dem Jamaika der 60er und 70er Jahren arrangiert“. Unter den acht Stücken auf dem Langspieler sind sowohl Cover-Songs wie der famose Stomper „Sweet Honey Bee“ von Duke Pearson (aufgenommen 1966) und das um 1967 von Soul-Ikone Stevie Wonder geschriebene „My Cherie Amour“ als auch hervorragende Eigenkompositionen wie „Creme Fraiche“, „Goodbye Louisville Lip“ (beide Rahm) und „When the Morning Comes“ (Göbel) zu finden.
Alle diese Kompositionen geben den Musikern auch live ausreichend Raum zur Entfaltung sowie zahlreiche, gern genutzte Möglichkeiten zur Improvisation; langweilig wirds bei Konzerten der PUERTO HURRACO SISTERS nie. Das sah auch das Publikum in der (wie nicht anders zu erwarten) bis auf den letzten Stehplatz gefüllten Raumstation so und entließ das Septett erst nach mehreren Zugaben.
Nach der fulminanten Show sorgte das DJ-Team der Orbital Hero*ines dafür, dass die Tanzstimmung in der sympathischen Location neben dem Solmspark für die nächsten Stunden nicht abebbte. Im Gegensatz zu den Gästen durften sich die Bandmitglieder allerdings keine allzu exzessive After-Show-Party zugestehen: Am Nachmittag des Folgetages hatte die Truppe schon den nächsten Auftritt vor der Brust – pünktlich um halb Vier bei Äbbelwoi Schmidt im schönen Wiesbaden.
Setlist: Listen Here – Midnight Blue – Goodbye Louisville Lip – Moanin‘ – Creme Fraiche – Luxury – Bad Hair Day – Lupin the Third – Midnight Voyage – Sidewinder – When the Morning Comes – El Lucio – Worksong – Throw It Away // Sweet Honey Bee – Sticks – Rock Bottom – Bootleg // Let Your Yeah Be Yeah – Birks Works
Links: http://www.puertohurracosisters.de/, https://www.facebook.com/PuertoHurracoSisters/, https://www.last.fm/de/music/Puerto+Hurraco+Sisters
Text, Fotos & Clip: Stefan
Alle Bilder: