Nachtleben, Frankfurt, 23.01.2014
Es ist lange her, seit ich das letzte Mal ein Elektro/Industrial-Konzert besucht habe, genau gesagt war es im Jahr 2002, als Alec Empire (ATARI TEENAGE RIOT) mit seinem Solo-Projekt in der Batschkapp gastierte. In den späten Achtzigern und frühen Neunzigern ließ ich mich gerne und regelmäßig auf Konzerte dieser Art ein und erlebte dabei sowohl Genre-Pioniere wie NITZER EBB, FRONT 242, SKINNY PUPPY, ESPLENDOR GEOMÉTRICO und DIE FORM, als auch moderne Bands wie SUICIDE COMMANDO und TERMINAL CHOICE live. Als die Szene sich in eine immer kommerziellere Richtung bewegte und sogar Techno- und Dancefloor-Elemente Einzug hielten, verlor ich allerdings das Interesse an elektronischer Musik und fühle mich seither bei Punk-Konzerten wohler.
Doch die Szene hat sich weiterentwickelt und wartet inzwischen mit neuen Stilrichtungen wie Hellectro, Aggrotech oder Electropunk auf, die wieder härtere Elemente in der Musik verarbeiten. RABIA SORDA sind ein Ableger der mexikanischen Band HOCICO, die seit 1993 aktiv ist und es immerhin auf bereits neun Longplayer
und ebenso viele EPs gebracht hat. Erk Aicrag (links) seines Zeichens Texter und Sänger von HOCICO, blieb irgendwann in Berlin hängen und rief dort 2003 mit einigen deutschen Mitstreitern RABIA SORDA ins Leben. Zum einen, um ein zweites musikalisches Standbein zu haben und kurzfristige Europa-Tourneen zu unternehmen, zum anderen, um eigene musikalische Ideen verwirklichen zu können. Im Gegensatz zu HOCICO, das sich als reines Elektro-Projekt versteht, experimentiert Erk bei seinem Solo-Projekt mit harten Gitarrenriffs und rauen Vocals, sodass eine gewisse Punk- Attitüde nicht zu verleugnen ist.Das Nachtleben war am gestrigen Abend etwa zur Hälfte gefüllt, eingefunden hatten sich Fans zwischen 20 und 50, die mehr oder minder der „Schwarzen Szene“ zuzuordnen waren. Eine
Vorgruppe gab es nicht, sodass die Band bereits gegen 21:30 Uhr loslegte. Das aktuelle Lineup besteht aus Frontmann Erk, Drummer Jeans, der bereits dabei ist, seit die Band 2007 ihr erstes Konzert – übrigens ebenfalls im Frankfuter Nachtleben – bestritt und Gitarrist und Keyboarder Marcus, der vergangenes Jahr zur Band stieß und gestern seine siebte Show mir RABIA SORDA spielte.Dominiert wurde der Gig sowohl von den allgegenwärtigen Electrobeats, die als Fundament eines jeden Tracks dienten, als auch vom charismatischen Sänger Erk, der wie ein Wirbelwind über die Bühne tobte und sich kaum eine Ruhepause gönnte. Geboten wurde ein Querschnitt der bisherigen vier Veröffentlichungen der Combo, wobei der Schwerpunkt auf den Songs des aktuellen Albums „Hotel Suicide“ lag, das im November 2013 erschienen ist und ohne Zweifel den bisherigen Höhepunkt des Bandschaffens darstellt.
Songs wie „Hotel Suicide“, „Somewhere Along the Road“ (Clip weiter unten) oder „Deaf“, ein Track, zu dem es auch einen fantastischen, sehr aufwändigen
Videoclip gibt, wussten mitzureißen und sorgten für gute Stimmung bei den Besuchern. Auch Klassiker wie „Save me from my Curse“ wurden begeistert gefeiert. Bei einigen Stücken zückte Erk ein Gerät, das zunächst wie ein Tricorder aus „Star Trek“ anmutete, sich aber als Effektgerät (Korg Kaoss Pad 3) entpuppte und vom Frontmann in Gitarren-Manier genutzt wurde. Faszinierend.Apropos Gitarre: Die war zwar optisch anwesend, hätte für meinen Geschmack aber ruhig etwas lauter und aggressiver eingesetzt werden können. Doch dies ist mein persönlicher Eindruck, der daher rühren mag, dass es einige Zeit
her ist, dass ich Musik dieser Art live erlebt habe. Der furiose Sänger und die Live-Drums, die bei Bands dieser Art keineswegs selbstverständlich sind, machten das Manko der kaum hörbaren Gitarre wieder wett. Und wer weiß, vielleicht holt Erk ja noch einen Basser dazu, lässt den elektronischen Klang-Teppich weg und tourt als Punk-Act. Interessant wäre es. Unterm Strich war das Ganze auch so recht mitreißend und kurzweilig, so dass ich den Jungs jederzeit wieder einen Besuch abstatten würde.Links: http://www.rabiasorda.com/, https://myspace.com/rabiasorda, http://www.reverbnation.com/rabiasorda, http://www.lastfm.de/music/Rabia+Sorda
Vielen Dank an Norbert, der uns seine Fotos für diesen Bericht zur Verfügung gestellt hat. Weitere Bilder seht Ihr bei www.oberirr.de.
Text: Marcus
Clip: am Konzertabend aufgenommen von enragedblackpanther1
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