Dreikönigskeller, 3.05.2013
Von den RAYMEN hatte ich schon einige Jahre nichts mehr gehört. Ihre letzten beiden Veröffentlichungen (das Album „Supersonic Rocket Ride“ von 2009 sowie die 5-Track-EP „Death’s Black Train“ von 2012) waren komplett an mir vorbeigelaufen und ihre frühen Platten gerieten in meinem Regal langsam in Vergessenheit. Umso größer war die Überraschung (und Freude), dass das Quartett um Frontmann Hank Ray (rechts) sich nun mit dem gerade im April erschienenen Tonträger namens „Sinister Funtime“ und einer Tour zurückmeldete. In Frankfurt machte die Band im Dreikönigskeller Station, was sich als richtige Wahl erweisen sollte: Ich habe den gemütlichen Club lange nicht mehr so gut besucht gesehen, trotzdem war es nicht unangenehm voll. Die Voraussetzungen für einen prima Konzertabend waren also durchaus gegeben.
Dieser begann allerdings mit Verspätung. Und das nicht, weil die Musiker sich allzu lang bitten ließen, auf die Bühne zu kommen. Sondern, weil man den Verlauf der ersten Hälfte der Show mit wenigen Ausnahmen eigentlich nicht anders bezeichnen kann als: schleppend. Gespielt wurden zu viele zahme Tracks, die die Stimmung immer wieder herunter kühlten, sobald überhaupt eine aufkam. Im schummrigen roten Licht des DKK kam mir der charismatische Bartträger Hank wie ein gestrandeter Seemann vor, der in einer schmuddeligen Hafenkneipe für seine Freunde ein paar Balladen zum Besten gibt. Der Beifall dafür war respektvoll, hielt sich aber in Grenzen. Denn muss man alles gut finden, nur weil die Gruppe einen gewissen, vor langer Zeit erarbeiteten Kultfaktor besitzt? Die Antwort lautet Nein.
Das Publikum hörte sich das alles an, und nach einer Weile begannen die ersten Gäste unruhig zu werden. Ein Bekannter raunzte mir abwinkend „Alte Männer!“ ins Ohr, ein anderer, der in der Enge sein Plätzchen sitzenderweise am Tresen gefunden hatte, sagte, er müsse mal aufstehen, „sonst penne ich ein“.
Weiterhin erschallte, als Hank erneut – diesmal solo – einen ruhigen Country/ Western-Song anstimmte, aus den hinteren Reihen der genervte Ruf „And then you get shot, man!“. Vorn tat einer mit einem lauten Schrei nach „Rock’n Roll“ seinen Unmut ob des dahingleitenden Auftritts kund. Und so dachten wohl viele – oder zumindest jene, die wussten, was für hervorragende Tracks die RAYMEN im Repertoire haben, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht gespielt worden waren. Wenn ich das richtig verstanden habe, versprach Hank dem Rufer übrigens in seiner unnachahmlichen, coolen Art: „You will get some Rock’n Roll!“.In der Tat war die zweite Hälfte des Sets dann das genaue Gegenteil der ersten: Nun überwogen die großartigen, schnellen Death-Country-Nummern mit Psychobilly-Einschlag, für die die RAYMEN von ihrer Fangemeinde verehrt werden. Angetrieben von Tex Napalm an der Gitarre und Tommy Favorite am Schlagzeug ließ die Band – endlich – die Sau raus und den ersten Teil des Konzerts binnen wenigen Minuten vergessen. Mit Songs wie „Hillbilly Werewolf“, „Desert Drive“ (Clip dazu weiter unten) oder dem rasanten Cover von „Real Wild Child“, um nur einige zu nennen, wurde es dann doch noch die erhoffte große Party.
Wahrscheinlich wollten die RAYMEN in Ermangelung einer Vorgruppe dem Publikum möglichst viel Musik bieten oder sich im Stile eines guten Langstreckenläufers genügend
Körner für den furiosen Endspurt aufheben. Vielleicht wäre es jedoch besser, das Set – gestern bestehend aus fast 30 (!) Songs – zu straffen, auf die langsamen Stücke bis auf wenige Luftholer zu verzichten und stattdessen von Anfang an mit den Uptempo-Tracks die Clubs zu rocken. Das Potenzial hat die Band nach wie vor und genug passendes Songmaterial sowieso.Ob die neue Scheibe der RAYMEN gelungen ist, kann ich Euch an dieser Stelle leider nicht mitteilen. Ich wollte sie mir am Merchstand holen, aber der Preis von stolzen 17 Euro schreckte mich ab. Sicherlich ist das Album recht schön
aufgemacht als colored Vinyl mit Cover-Artwork von Rudi Protrudi (FUZZTONES). Aber da wurde dann doch (nicht nur m)eine Schmerzgrenze überschritten. Ich finde es sowieso immer bedenklich, wenn die Besucher eines Konzertes für die LP einen höheren Preis zahlen sollen, als das Teil bei einem beliebigen Mailorder kostet. So straft man seine Fans ab.Da aus unserer Gruppe drei Copys gewünscht wurden, versuchten wir einen kleinen Mengenrabatt herauszuhandeln (15 Schleifen pro Scheibe), doch dies wurde abgetan mit der Bemerkung (Zitat) „Wir sind hier nicht auf dem Türkenmarkt, wo man schachern kann“. Also bitte, so schon mal gar nicht. Das Ende vom Lied war, dass der Merchmann drei Scheiben mehr zurück zum Van schleppen musste und wir jeweils eine weniger nach Hause. Schade, dass der Abend so endete, wie er begonnen hatte, nämlich mit Verdruss. Aber die Zeit dazwischen, die war wunderbar.
Links: http://theraymen.com/, http://www.lastfm.de/music/The+Raymen, http://www.hankray.net/, http://www.myspace.com/hankray
Text: Stefan / Fotos & Clips: Kai
Mehr Bilder: