SATANIC SURFERS & VODKA JUNIORS

Das Bett, Frankfurt, 3.11.2018

Satanic SurfersMelodic Hardcore ist eigentlich so gar nicht mein Ding, stellt doch allein die Bezeichnung einen Widerspruch in sich dar – zumindest in meiner Welt. Hardcore ist für mich Musik, die von der Straße kommt und all die Frustration, Schikanen und Demütigungen, die die einzelnen Musiker im täglichen Leben erfahren, auf die Bühne trägt. Der Sound ist schnell, aggressiv und ruppig, die Vocals angepisst und die Texte gewalttätig. Veteranen wie AGNOSTIC FRONT und die CRO-MAGS oder aktuelle Vertreter wie BONE CRUSHER, WISDOM IN CHAINS oder CONCRETE ELITE verkörpern eben jenes Feeling auf brillante Art und Weise.

Doch es gibt auch eine andere Seite des Hardcore. Eine, der wir Acts wie BAD RELIGION und DAG NASTY zu verdanken haben. Eine, die harte Riffs mit poppigen Melodien mischt. Inspiriert von den genannten Bands zählen heute Satanic SurfersFormationen wie PENNYWISE, LAGWAGON, GOOD RIDDANCE und ANTI-FLAG zu den bekanntesten Vertretern dieser Richtung. Im Prinzip verhält sich Melodic Hardcore zum Ursprung des Genres so wie einst Grunge zum Punk: Es ist eine kommerzielle, weichgespülte Variante des Originals, gemacht für Leute, die eigentlich keinen Hardcore oder Punk mögen, weil dieser ihnen zu laut und zu dreckig ist, die aber Satanic Surfersauch gerne mal rebellisch sein und bei ihren Kollegen damit prahlen wollen, „harte“ Musik zu hören.

Die SATANIC SURFERS sind eben jenem Melodic Hardcore zuzuordnen, stammen aber nicht wie die oben erwähnten Vertreter aus den Vereinigten Staaten, sondern aus Schweden. Dieser Tatsache ist es vermutlich geschuldet, dass die SATANIC SURFERS schon immer ein wenig anders als ihre Vorbilder aus Übersee klangen und ihr Sound zudem Elemente des Skatepunks offenbart. Hier und da erinnert das Quintett gar an die von mir sehr geschätzten australischen HARD-ONS, weil es eben nicht den üblichen Normen des Genres entspricht und trotz der dominanten Melodien mit einem gewissen dreckigen Charme aufwartet.

Satanic SurfersDie SATANIC SURFERS sind übrigens nicht die einzigen schwedischen Vertreter des Melodic Hardcore. Acts wie NO FUN AT ALL und MILLENCOLIN schlagen in eine ähnlich Kerbe, sind allerdings einige Jahre später entstanden. Mit der Gründung im Jahr 1989 dürfen sich die SATANIC SURFERS durchaus als Pioniere der Stilrichtung im eigenen Land fühlen. Nachdem die Band sich nach immerhin Satanic Surferssechs Alben 2007 auflöste, kam es 2014 zur Reunion und nun, mit dem neuen Album „Back from Hell“ im Gepäck, nach 2015 zu einer weiteren Tour durch Deutschland, die allerdings lediglich eine Handvoll Gigs (Kiel, Berlin, Köln, Frankfurt, Hamburg) umfasste.

Nach eigenem Bekunden standen die SATANIC SURFERS dabei am gestrigen Abend zum ersten Mal auf einer Frankfurter Bühne. Angelockt hatte der Gig immerhin rund 350 Besucher und damit 300 mehr als einige Tage zuvor das Halloween-Event an gleicher Stelle, das mit drei illustren Acts aufwartete. Das mag daran gelegen haben, dass es der einzige Auftritt der Schweden in Süddeutschland war, oder auch an der Tatsache, dass er an einem Samstag stattfand und man an einem solchen auch mal längere Strecken in Kauf nimmt, um eine Band zu sehen.

Als Opener des Abends galt es zunächst die VODKA JUNIORS aus Griechenland zu begutachten, die sich in seichteren Gefilden bewegen und radiotauglichen Rock der Marke GREEN DAY oder BLINK 182 zum Besten Vodka Juniorsgeben. Das aktuelle Album „Warrior Anthems“ wartet gar mit einigen Songs auf, die auch von LINKIN PARK stammen könnten. Live war das zwar nicht „my glass of vodka“, aber es gab doch einige im Publikum – allen voran eine kleine griechische Community – denen die Hellenen mächtig einheizten. Als weiterer Aktivposten neben Frontmann Dirty Harry kristallisierte sich im Verlauf der Show auch Vodka JuniorsSchlagzeuger Ramirez heraus, der sowohl an seiner Schießbude als auch am vorderen Rand der Bühne einige Gesangparts übernahm. Beim Gig der Headliner war er lange in der ersten Reihe zu finden und sang als Gast auch mit den Schweden einen Song.

Dass das Quartett, das in seiner Heimat durchaus größere Hallen füllt, auch der Show in „Das Bett“ größere Bedeutung beimaß, wurde nicht zuletzt dadurch deutlich, dass ein vermutlich von der Combo beauftragter und mit Band-Shirt bekleideter Fotograf während des gesamten Auftritts unablässig herumwuselte, filmte und Bilder machte, was das Zeug hielt. In der Tat knieten sich die Jungs ordentlich rein, was der ein oder andere Konzertbesucher später mit Vodka Juniorseinem Plattenkauf honorierte, obwohl die Scheibe wesentlich teurer angeboten wurde als die des Hauptacts. Zuletzt sei noch angemerkt, dass die Athener sich nicht immer auf den erwähnten kommerziellen Pfaden bewegten; das erste Album „Suburbancore“ von 2004 ist beispielsweise noch als Melodic Hardcore einzustufen. Ich persönlich finde es allerdings schade, dass davon anno 2018 nicht mehr viel übrig ist.

Die SATANIC SURFERS sind indes noch ganz die Alten und machten dies bereits mit ihrem Opener „… and the Cheese Fell Down“ – dem ersten Song ihrer ersten LP aus dem Jahr 1995 – deutlich, der zu den schnellsten und Satanic Surfersaggressivsten Tracks der Skandinavier zählt. Mit von der Partie sind mit Shouter Rodrigo und den beiden Gitarristen Magnus und Frederik immerhin noch drei Mitglieder, die schon auf dem Debüt zu hören waren, die Rhythm-Section erlebte über die Jahre diverse Wechsel.

Die Setlist umfasste 21 Songs, von denen mehr als die Hälfte vom aktuellen, sehr starken Album „Back from Hell“ und dem Erstling „Hero of Our Time“ Satanic Surfersstammten. Der Rest stellte ein Best-of der übrigen fünf Scheiben sowie diverser EPs dar. Dabei fehlten natürlich auch Klassiker wie „Why?“ oder „Nun“ von der legendären „Skate to Hell“-EP von 1993 nicht, die meine erste Bekanntschaft mit den SATANIC SURFERS markiert und demnächst in einer Neuauflage im Vinylformat erscheinen wird. Bleibt noch zu erwähnen, dass die Jungs bei ihrer Frankfurt-Premiere sichtlich großen Spaß hatten und dass Bassist Andy (links) zwischen den Songs für witzige Ansagen und Stimmung sorgte. Fazit: Wenn schon Melodic Hardcore, dann die SATANIC SURFERS.

Links: https://www.facebook.com/vodkajuniors, http://clubriot.wixsite.com/vodkajuniors, https://vodkajuniors.bandcamp.com/, https://www.instagram.com/vodkajuniors/, https://www.last.fm/de/music/Vodka+Juniors, https://www.facebook.com/satanic.surfers.official, https://satanicsurfers.bandcamp.com/, https://www.instagram.com/satanicsurfersofficial/, https://www.last.fm/music/Satanic+Surfers

Text: Marcus / Clips: Stefan
Fotos: Eric, https://www.flickr.com/photos/vanreem

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