SCHEISSEDIEBULLEN

Exzess, Frankfurt, 25.02.2017

ScheissediebullenDeutschpunk hat in meiner musikalischen Welt schon immer einen hohen Stellenwert gehabt. In den frühen Achtziger Jahren drehten sich Scheiben von Bands wie SLIME, TOXOPLASMA, HASS, OHL, CANALTERROR und den IDIOTS in heavy rotation auf meinem Plattenteller, sehr zum Unmut meiner Eltern, die schon bald die Befürchtung hegten, einen künftigen RAF-Terroristen großgezogen zu haben. Eltern eben. Dabei hätten sie sich gar keine Sorgen machen müssen, denn wie formulierten es VIOLENT SOCIETY mal so schön: „Punk is just a phase you’re going through“. Hinzu kam, dass der Generation der genannten Acts leider wenig nachfolgte. Zwar schlugen RAWSIDE und SS-KALIERT in eine ähnliche Kerbe und entwickelten sogar noch einen aggressiveren Sound, ansonsten wurden die Folgejahre eher von poppigen Teenie-Combos wie WIZO und TERRORGRUPPE dominiert, offensichtliche Epigonen der unsäglichen Berliner Band DIE ÄRZTE.

Noch schlimmer wurde es im neuen Jahrtausend, als Punk mit deutschem Schlager kombiniert wurde und dabei Acts wie FEINE SAHNE FISCHFILET entstanden, die von jungen Musikfans tatsächlich als „Punk“ wahrgenommen werden, obwohl sie damit so viel zu tun haben wie Bambi mit Godzilla. Lange Rede kurzer Sinn, guter Deutschpunk im Jahre 2017 ist rar Scheissediebullengesät. Dennoch gibt es sie, Combos wie MÜLHEIM ASOZIAL, KOTZREIZ oder ABFUKK, die – zumindest für mein Verständnis des Genres – die ursprüngliche Tradition des Deutschpunks weiterführen.

Am gestrigen Abend gastierte mit den Freiburgern SCHEISSEDIEBULLEN im Frankfurter Exzess eine weitere Band, die sich nahtlos in den Kreis der oben genannten Acts einreiht. Die Jungs gibt es bereits seit 2009, bisher sind mit Scheissediebullen„Aufschwung“ (2013) und „Anwohner raus!“ (2016) zwei durchweg gute Alben erschienen, deren Highlights gestern präsentiert wurden. Ungewöhnlich an den Breisgauern ist, dass Gitarrist Andy eine Halbresonanzgitarre schwingt und dass es mit ihm, dem Bassisten und dem zweiten Gitarristen gleich drei Sänger gibt, die alle ein wenig unterschiedlich klingen und das Set dadurch recht abwechslungsreich gestalten. Für mich war das Quartett jedoch immer dann am besten, wenn die raue, dreckige Röhre von Andy einen der Songs begleitete.

Stücke wie „Frauke Petry. Hurensohn“, „Scheissediebullen“, „Arbeiter von Wien“ oder „Anlieger raus!“ wurden mit viel Energie dargeboten, die sich auch auf die vorderen Reihen des gut gefüllten Clubs übertrug und für eine feucht-fröhliche ScheissediebullenStimmung inklusive Bierduschen und Pogo sorgte. Der schnörkellose Old-School-Punk mit seinen eingängigen Refrains erinnerte mal an SLIME, mal an DRITTE WAHL und mal an DAILY TERROR, wobei man durch die drei Sänger schon ein Alleinstellungsmerkmal vorzuweisen hat. Das Einzige, das ein wenig nervte, waren die gelegentlichen „Ooohohoo“-Chöre, ohne die die Songs meines ScheissediebullenErachtens besser und ruppiger geklungen hätten. Gegen Ende des Gigs gab es noch einen Song, der für das AKZ Metzgerstraße in Hanau geschrieben wurde, bevor der Auftritt mit der Mitgröl-Hymne „Ein Kessel Stumpfes“ ausklang. Für mich war‘s ein kurzweiliger Deutschpunk-Abend mit einer Band, von der man hoffentlich noch viel hören wird.


Links: https://www.scheissediebullen.de/, https://www.facebook.com/scheissediebullen/, https://scheissediebullen.bandcamp.com/, https://www.last.fm/music/ScheissedieBullen

Text: Marcus
Fotos: Boris, http://www.borisschoeppner.de/

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