Dreikönigskeller, 11.03.2012
Viel schöner hätte die Woche nicht ausklingen können: Im Dreikönigskeller präsentierte sich ein Psychobilly-Package der besonderen Art, bestehend aus den brasilianischen Psychos der SICK SICK SINNERS (Foto links) und den englischen Urgesteinen THE GRISWALDS. Der Sonntagabend bot dabei seine Vor- und Nachteile. Klarer Vorteil war in diesem Falle ein gemütlicher Sitzplatz an der Theke (man ist ja nicht mehr der Jüngste), der allerdings dadurch begünstigt wurde, dass sich zunächst nur wenige Fans im gemütlichen Keller eingefunden hatten.
Los ging’s gegen halb elf mit den GRISWALDS, die es bereits seit Mitte der Achtziger Jahre gibt, die aber seit Bestehen mit „Who framed the Griswalds“ (1989) erst eine Scheibe veröffentlicht haben. Und das ist schade, denn vom Songpotential und den Frontmann-Qualitäten von Gary Griswald zu urteilen,
steht das Quintett vergleichbaren Combos wie den COFFIN NAILS, den FRANTIC FLINTSTONES oder den QUAKES in nichts nach. Sänger Gary (Foto rechts) ist das einzig verbliebene Gründungsmitglied, die aktuelle Backingband besteht aus vier jungen Holländern, die ohne Gary als die BODY BAGS durch die Lande touren.Der Auftritt der englisch-holländischen Spaßgesellschaft sorgte im mittlerweile besser gefüllten Keller unmittelbar für gute Stimmung und Bewegung vor der Bühne. Dabei offenbarte die Band ein breites Spektrum an Songs, angefangen bei den klassischen 50s-Singalongs wie „Teenager in Love“ (das in der GRISWALDS-Version kurzerhand zu „Psychobilly in Love“ mutierte), über traditionelle Neo-Rockabilly-Nummern wie „Who’s crying now?“ bis hin zu
einigen finsteren Psychobilly-Rockern wie „Night Hawk“, „Fright Night“ oder „Psycho Tendencies“ war alles vertreten, wobei mir die finsteren Songs am besten gefielen, da sie stark an die von mir sehr geschätzten KREWMEN erinnerten. Bleibt zu hoffen, dass die GRISWALDS mit ihrem demnächst erscheinenden zweiten Album einen zweiten Frühling erleben und uns bald wieder beehren.Als nächstes folgten die SICK SICK SINNERS, die in ähnlicher Konstellation vor etwa zehn Jahren bereits im Cave auftraten, damals aber noch
unter dem Namen OS CATALEPTICOS. Noch immer mit von der Partie sind der Sänger und Gitarrist Vlad (rechts) und Mutant Cox, der einstige Schlagzeuger, der inzwischen die Drumsticks gegen den Stand-up-Bass getauscht hat und zudem auch singt. Komplettiert wurde das Lineup durch den Drummer Emiliano Ramirez, der rein optisch auch in Diensten von DEADBOLT, der „scariest band in the world“ hätte stehen können. Nachdem uns die GRISWALDS kurz zuvor mit der partytauglichen Seite des Psychobilly erfreut hatten, folgte nun die wilde, harte Seite des Genres.Die SINNERS gaben Gas, und zwar so, wie man es selten zuvor gesehen hat. Gäbe es den Begriff „Hardcore-Psychobilly“, auf diese Jungs würde er zutreffen. Ohne Punkt und Komma, Maschinengewehrsalven gleich, ratterte der Slap-Bass von Mutant Cox und wurde von Vocals begleitet, die noch ein bisschen rauer,
fieser und dreckiger klangen, als die des großen Vorbilds Spark Retard von DEMENTED ARE GO – und das will etwas heißen! Kaum ein Song war länger als drei Minuten und eigentlich war das, was die SINNERS hier lieferten, schon eher Punk als Psychobilly, eher Kampfpanzer denn Pick-up-Truck. Und so war denn durchaus zu beobachten, dass es einigen Besuchern etwas zu heftig war, denn die Reihen lichteten sich mit jedem Song mehr. Wie mir Cox später verriet ist dies ein Phänomen, mit dem die Band des öfteren zu kämpfen hat, und in Brasilien, so der hünenhafte Basser weiter, sei das Publikum ohnehin viel gemischter, Punks, Metalheads und Biker gemeinsam im Publikum seien dort keine Seltenheit.Da das Konzert insgesamt etwas spät angefangen hatte, hatte die Band leider keine Gelegenheit ihr gesamtes Repertoire darzubieten, zumindest aber wurden fast alle Songs der neuen EP „Hospital Hell“ zum besten gegeben, die gegenüber dem Debüt aus dem Jahre 2008 noch mal eine Steigerung besonders in puncto Produktion aufweist. Nach dem MOTÖRHEAD-Cover „The Hammer“ (ebenfalls von der neuen EP) kam bereits die „One-Minute-Warning“ von Barmann Niko, so dass die Jungs im rasenden Tempo noch ihre beiden Hits „We
are the Sick Sick Sinners“ und „Curitiba Rotterdam Psycho“ abfeuerten, bevor dann um Punkt 12 Schicht im Schacht war. Schade, denn die Playlist hätte noch weitere Songs umfasst. Es war in jedem Falle ein äußerst kurzweiliger, unterhaltsamer Abend mit zwei ganz unterschiedlichen Bands des gleichen Genres, die beide große Klasse bewiesen.Im Anschluss hielten wir noch ein wenig Smalltalk mit den sehr sympathischen SINNERS und erfuhren zum einen, dass Cox parallel noch in der Country-Band HILLBILLY RAWHIDE und Ramirez in der Power-Surf-Combo MULLET MONSTER MAFIA tätig ist (Dank den beiden an dieser Stelle für die CD’s) und dass Gitarrist Vlad in Brasilien ein Bier namens „Diabolica“ auf den Markt gebracht hat, da er der Meinung war, dass auch böse Menschen eine eigene Biermarke brauchen. In diesem Sinne, Prost und kommt bald wieder, Jungs!
Links: http://sicksicksinners.com/, http://www.myspace.com/sicksicksinners
Text: Marcus / Fotos & Clip: Stefan
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