SLAGOFFICE.FRANKFURT RELEASE FESTIVAL

Das Bett, Frankfurt, 24.02.2017

The Imperial MustardGroßer Bahnhof im Frankfurter Club „Das Bett“: Nicht weniger als acht illustre Bands und Solisten hatten sich eingefunden, um gemeinsam mit Freunden und Fans zu feiern. Grund für die Sause war die Gründung der neuen Konzertagentur slagoffice.frankfurt durch die beiden u. a. seit Jahrzehnten bei der Combo THE SLAGS (zu Deutsch: Die Schlampen) aktiven Musikerinnen Suse Michel und Bine Morgenstern. Das Büro („office“) der SLAGS also, ganz einfach eigentlich. Am gestrigen Abend stellten die beiden Damen die Acts vor, die sich nun unter ihrem Dach zusammengefunden haben, nämlich (in dieser Reihenfolge auf der Bühne am Start): MALY MACHT MUSIK, WOLF SCHUBERT-K., CANDYJANE, THE SLAGS , MUSIK FÜR LEERE DISKOTHEKEN, EEKA THE GEEK, THE IMPERIAL MUSTARD und als Headliner LAVA 303.

Für jede der Bands war nach einem straffen Ablaufplan 20 Minuten Spielzeit vorgesehen, was in der Regel für vier bis fünf Stücke reichte, danach jeweils 10 Minuten Umbaupausen inklusive der Ansage der kommenden Formation durch Suse Michel und Bine Morgensterndie vorherige. Von der Zeitregelung ausgenommen waren lediglich die zuletzt auftretenden LAVA 303, die im Übrigen noch eine nette Überraschung in petto hatten. Aber dazu später mehr. Zu Beginn der Veranstaltung betraten die beiden slagoffice-Gründerinnen die Bühne und richteten ein paar Worte an die Gäste, sprachen über Sinn und Zweck der Agentur und bereiteten das erwartungsfrohe Volk schonmal sympathisch auf das vor, was da im Verlauf der zahlreichen Auftritte auf alle zukommen sollte.

Maly macht MusikDen Reigen eröffnen durfte die Formation MALY MACHT MUSIK mit Bandleaderin Conni Maly, die übrigens auch seit den frühen 90-er Jahren bei THE SLAGS als Gitarristin aktiv ist. Ich hatte mich ja schon im Rahmen meines Jahresrückblicks über einen ihrer Auftritte ausgelassen (hier). Diesmal reichte die Zeit leider nur für vier Songs, ausgewählt wurden „You Should Know Who You Are“, „Take Care“, Maly macht Musik„Ich muss raus“ und „Scheiss Verein“, alle vom im Sommer 2016 veröffentlichten Langspieler. Angesiedelt zwischen Singer/ Songwriter, Rock- und Elektronik- Sound und illustriert mit den typischen, sozialkritischen Texten frei nach dem selbstgewählten Motto „emotional – international – political“ waren die Tracks der diesmal als Quintett auftretenden Combo der perfekte Opener für einen fast fünfstündigen Konzertabend.

Wolf Schubert-K.Danach erklomm WOLF SCHUBERT-K. das Podest, diesmal solo, ohne seine SACRED BLUES BAND. Mitgebracht hatte er aber seine Arbeitsgeräte, zwei Gitarren sowie die Mundharmonika. Der Mann, über den wir in diesem Blog auch schon berichtet haben (klicke hier), ist im Folk, Country und Rock gleichermaßen Wolf Schubert-K. und Bine Mogensternunterwegs wie zuhause. Prägnanter Gesang mit englischen Texten, der sowohl in den Balladen als auch den rockigeren Tracks hervorragend zur Geltung kommt. Gegen Ende des (leider kurzen) Sets gesellte sich Gattin Bine Morgenstern dazu, um mit ihm im Duett zu singen. Zum Abschluss folgte das Stück „Which Side Are You On“, zu dem der Künstler zusätzlich noch die mit ihm befreundete, Wolf Schubert-K., Bine Morgenstern und Candyjaneanschließend auftretende Combo CANDYJANE auf die Bühne bat. Toller Song, Schubert-K. gesanglich unterstützt sowohl von Morgenstern als auch von CANDYJANE-Frontfrau Tanja Ebbecke sowie deren Band. Einen Teil davon könnt Ihr auf der Facebook-Seite von WSK (Link unten) sehen. Für mich einer der Höhepunkte des Abends. Gänsehaut.

CandyjaneCANDYJANE in der Besetzung mit Tanja Ebbecke (Gesang, Gitarre), Stefan Huther (Gitarre), Matten Boetius (Kontrabass) und Mark Rückert (Cajon) stammen aus Darmstadt und beackern mit Country, Folk und Blues fast die gleichen Genres wie der Solokünstler zuvor. Wobei beackern durchaus positiv gemeint ist, denn Anstrengung sah man dem Quartett zu keinem Zeitpunkt an, eher eine gewisse Leichtigkeit und vor allem Candyjaneden Spaß am Musizieren. Auch die Texte lohnten das Hinhören: Wenn ich das richtig verstanden habe, wurde da unter anderem ein verflossener Liebhaber mit „Two Hundred Nails“ (200 Nägeln) traktiert. Au weia. Zum letzten Stück revanchierten sich CANDYJANE und baten ihrerseits Wolf Schubert-K. für eine kurze Jam-Session auf die Bühne. Man merkte, dass diese Leute sich alle seit Jahren kennen und schätzen, ein Event wie ein kleines Familientreffen. Nur eben mit Publikum.

The SlagsMit THE SLAGS kulminierte, zumindest was das Personal betrifft, die Veranstaltung der slagoffice Release Party: Die drei Damen Suse Michel (Gesang & Schlagzeug), Bine Morgenstern (Gesang & Percussion) und Conni Maly (Gesang & Gitarre) waren an nicht weniger als sechs Bands des Abends beteiligt und daher sozusagen omnipräsent. Nun standen sie gemeinsam auf der Bühne mit ihrer The Slagsseit Anfang der Neunziger existierenden Frauenband, die im Raum Rhein/Main und darüber hinaus eigentlich jeder kennt, der sich für Rockmusik interessiert. Dem Ursprungs-Line-Up gehörte auch die im Oktober 2014 verstorbene Anja Kraft an, deren Platz gestern, gewissermaßen als „Hahn im Korb“, Daniel Schröter einnahm. Inzwischen lassen es die Ladies ruhiger angehen als in den Anfangsjahren, sitzen The Slagsauf Stühlen, bieten ihre Songs aber noch mit der gleichen Intensität feil. Und als kleine Reminiszenz an vergangene Tage konnten auf dem Merchtisch sogar noch einige Original-Singles aus dem Jahr 1990 (!) erworben werden, die, ebenso wie die Lieder, die Zeit gut überdauert haben. Wer sich für die wechselvolle Historie einer der dienstältesten Frankfurter Bands interessiert, dem sei das Fotoarchiv auf der alten Homepage des Quartetts (hier) empfohlen, in dem es viele tolle Bilder zu sehen gibt, die früher oder später hoffentlich auch in den neuen Internetauftritt von THE SLAGS integriert werden. Prima Auftritt mit Nostalgie-Faktor.

Der nächste Act war für mich ein völlig unbeschriebenes Blatt, von dem Duo MUSIK FÜR LEERE DISKOTHEKEN hatte ich nie zuvor gehört. Toller Name, schonmal. Allerdings musste ich im Verlauf des Auftritts feststellen, dass der Musik für leere DiskothekenElektro-Pop mit schlageresken Texten zwar vielleicht den Nerv der Zeit trifft und durchaus clubtauglich, aber gar nichts für mich ist. Das sahen einige Besucher neben mir ganz anders und zuckten fleißig zu den Beats, die da vom Band eingespielt und von Stefan Greiner (Gitarre und Gesang) und Frank Dippel (Bass und Gesang) aufgepeppt wurden. Mir hat die Musik, die die beiden Bandmitglieder Musik für leere Diskothekenfrüher mit SMILES IN BOXES oder THE DEAD ADAIR gemacht haben, mehr gegeben. Aber letztlich ist das eine ganz andere Baustelle und, wie so vieles, einfach Geschmackssache. Fans können sich jedenfalls freuen: Dieser Tage soll eine zweite EP von MFLD erscheinen, fast genau zwei Jahre nach ihrer Debüt-EP „Binnenschiffer“.

Eeka the GeekNun wurde es wieder rockig auf den Brettern des Clubs „Das Bett“: EEKA THE GEEK trat an, dem Abend weg vom elektronischen Sound und hin zum klassischen Rock wieder eine musikalische Wende zu geben. Die seit vier Jahren existierende Formation, bestehend aus Bine Morgenstern (Gesang & Keyboard, zum dritten und letzten Mal gestern auf der Bühne), Franz Halbritter (Gitarre), Uli Heun (Bass) und Matthias Eeka the GeekKrause (Schlagzeug) schafften in ihrem schmalen Zeitkorridor immerhin fünf Songs, am meisten im Gedächtnis haften blieb bei mir „San Francisco“. Ob das, wie auf der Homepage versprochen, der „Rock’n’Roll von Morgen, auf den wir alle gewartet haben“ ist, vermag ich nicht zu sagen. Aber sich an höchsten Ansprüchen zu messen, ist ja schließlich auch nie verkehrt.

Mit THE IMPERIAL MUSTARD stand dann schon der vorletzte Act auf dem Programm. Wie ich bereits im Vorfeld gehört hatte, hatte sich die Band für den Auftritt allerdings scherzhaft in MINIMAL MUSTARD umbenannt, da von den The Imperial Mustardsonst fünf Mitgliedern gestern gleich zwei verhindert waren. Auf dem Podest standen schließlich Suse Michel (Gesang & Wonderbox), Hank Wagner (Gitarre) und Ike Anger (Bass). Doch auch als Trio bewiesen TIM, dass sie spannende Musik machen können: Sphärisch-psychedelische Klänge, angesiedelt zwischen Rock und Krautrock, und zusammen mit den im Club kreierten Lichteffekten The Imperial Mustardwar das Ohrenschmaus und Augenweide zugleich. Daran, dass der Gig trotz der dezimierten Anzahl der Künstler gelingen würde, hatte ich ohnehin keinen Zweifel, haben doch alle durch ihr Engagement in weiteren Bands und Projekten ein gerüttelt Maß an Erfahrung und außerdem mit TIM seit der Gründung im Jahr 2011 schon ein halbes Dutzend Tonträger veröffentlicht. Wieviele Stücke das Publikum gestern zu hören bekam und wieviel Improvisation drinsteckte? Schwer zu sagen, und letztlich war das auch völlig unwichtig. So sagte Michel dann mit einem Augenzwinkern nach dem Gig: „Jaa, man kann auch ein Lied in zwanzig Minuten spielen“. Und solange das ein Gutes ist, macht das gar nichts.

Lava 303Inzwischen war Mitternacht durch, und noch immer stand eine Show aus: Die des Headliners LAVA 303. Conni Maly mit ihrer dritten Band, und das ohne die bis dahin obligatorische Zeitvorgabe. Während des Auftritts begann sich der Saal etwas zu leeren, was jedoch nicht der Musik, sondern dem Umstand geschuldet war, dass die letzten öffentlichen Busse vor der Tür des Clubs ablegten. Doch wer zu früh ging, Lava 303 & Tanzlicht K verpasste noch einiges: Zu den elektronischen Beats, live flankiert von Malys Gitarre und dem Bass von Member, wurde eine Performance von Tanzlicht K geboten, während der sich mittels des fluoreszierendes Lichtes auf Regenschirm, Tüchern oder Reifen tolle Farbenspiele ergaben (weitere Bilder in der Slideshow unten und kurzer Clip hier). So verwandelte sich „Das Bett“ zu später Stunde mit Lava 303 & Tanzlicht KSongs wie „Nicht normal“, „Shut Up And Dance“ oder „Berlin“ in eine wummernde Techno-Disco mit kunstvoller Tanz-Animation. Elektronische Sounds mit schrammeliger Gitarre, satten Bassläufen und sogar Gesang, das passte für die allermeisten verbliebenen Gäste, um nochmal richtig abzutanzen. Das i-Tüpfelchen auf eine gelungene und mit viel Herzblut umgesetzte Veranstaltung. Dank ans slagoffice und alles Gute für die Zukunft!

Links: http://www.slagoffice-frankfurt.de/, http://www.conni-maly.info/, https://www.facebook.com/malymachtmusik/, https://malymachtmusik.bandcamp.com/, http://www.wolfschubert-k.com/, https://www.facebook.com/WolfandBand/, https://www.facebook.com/candyjanedarmstadt/, http://the-slags.de/, https://the-slags.bandcamp.com/, http://www.mfld.xyz/, https://www.facebook.com/dknarf/, http://www.eekathegeek.de/, https://www.facebook.com/eeka.the.geek/, http://www.imperialmustard.de/, https://www.facebook.com/imperialmustard, https://imperialmustard.bandcamp.com/, http://www.acidrocknroll.org/, https://www.facebook.com/Lava303/, https://lava303.bandcamp.com/, http://www.tanzlicht-k.de/

Text & Fotos: Stefan

Alle Bilder:

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Kommentare deaktiviert für SLAGOFFICE.FRANKFURT RELEASE FESTIVAL

Filed under 2017, Konzerte

Comments are closed.