Das Bett, 19.01.2012
Mehr als eine Ahnung war es nicht, die mich gestern ins Bett führte. Eine Ahnung indes, die ich schon länger hatte; die mich dazu gebracht hätte, Tonträger von SLIM CESSNA’S AUTO CLUB blind zu kaufen, wenn sie mir nicht immer einen Tacken zu teuer gewesen wären und die mich schon vor knapp einem halben Jahr ins Bett geführt hätte, als die Combo da schon mal aufspielte. Dabei wusste ich noch gar nicht, dass Jay Munly (im Foto rechts) in dieser Band mitspielt, von dem ich schon wundervolle Solo-Sachen gehört habe. Auch nicht, dass Slim Cessna (im Foto links) einst mit Woven Hand’s David Eugene Edwards bei The Denver Gentlemen spielte, deren einziger Tonträger heutzutage kaum mehr zu bekommen ist.
All das war mir also völlig unbekannt, als ich das Ticket orderte. Ich wusste nur ganz grob, dass ich mich auf eine Band einließ, die zwischen Alternative-Country und Cowpunk lag – ob das jetzt mehr nach den Cardinals klingen würde, nach Calexico oder nach Jason & the Scorchers, wusste ich nicht. Was mir auch wurscht war, ich mag die nämlich alle.
Im Vorprogramm hatte ich das (zunächst zweifelhafte) Vergnügen, einer Formation namens HOUSE WILLIAMS beiwohnen zu dürfen. Auch die waren mir unbekannt und interessierten mich erst nicht sonderlich. Ein Umstand, den Sänger Josef Bercek (Foto unten) scheinbar nicht hinnehmen wollte, denn er kämpfte extrem um das Publikum, das zu Beginn einen beachtlichen Sicherheitsabstand zur Bühne hielt. Bercek aber nicht. Er nahm diesen Platz in Anspruch, sang fast alle in der ersten Reihe persönlich an und offenbarte sich als Rampensau, die niemanden kalt lassen konnte.
Naja, die immer treibenderen Rock’n Roll-Rhythmen der Instrumentalisten hatten sicher auch damit zu tun. Auf jeden Fall war Stimmung ohne Ende, die Band musste eine Zugabe geben, und ich fühlte mich in der Pause einerseits extrem unterhalten, aber andererseits extrem verarscht, weil ich erst da bemerkte, dass HW wohl Lokalmatadore sind. Auf der Bühne sprach Herr Bercek nur Englisch, in der Pause dann Deutsch mit seinen zahlreichen Kumpels im Pit. Okay. Ich hätte den Ursprung der Band sonstwo vermutet, von Aserbaidschan bis Zaire hätte das in meiner Welt alles sein können. War aber die Wetterau. Schon wieder was gelernt. Dass House Williams die Nachfolger von Anus Presley sind, ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch interessant.Was beide Formationen gestern abend miteinander verband, war der offensive Umgang mit der Religion. Bei House Williams auf eine sehr ironische Art und Weise, bei Slim Cessna bin ich mir da nicht sicher. Wie gesagt ist er ein ehemaliger Mitmusikant von DEE, und dessen fundamentalistischer Umgang mit dem Christentum ist für mich nur zu verkraften, weil er a) fantastische, beseelte Musik macht und ich b) auch genug Musikanten goutiere, die die andere Seite preisen und ich mich von denen ja auch nicht bekehren lasse. Wobei ich nichts gegen Christen habe, ich finde ihr Weltbild nur hinterwäldlerisch, anmaßend und extrem langweilig. Richtig zum Kotzen finde ich jedoch Missionare, egal ob im Auftrag des Herrn, des Teufels oder der FDP…
Wollten mich SLIM CESSNA’S AUTO CLUB also missionieren? Falls ja, dann höchstens zum CD-Kauf, und das ist ihnen gelungen. Live wurde hier nochmal schwer einer drauf gesetzt. Der Mob kochte, der Rampensaufaktor wurde durch zwei geniale Frontleute verdoppelt und mir schmeckte auf einmal sogar Schöfferhofer, was nur an der äußerst befriedigenden Gesamtsituation liegen konnte.
Fazit: Ahnung war richtig. Platten sind gekauft. Genialer Abend wurde erlebt. Und wenn die Band hier in einem halben Jahr wieder aufschlagen sollte werde ich meine Hausaufgaben machen und das nächste Mal auch schreiben können, welche Lieder gespielt wurden.
Links: http://slimcessnasautoclub.com/, http://www.myspace.com/slimcessnasautoclub, http://www.hazelwood.de/housewilliams/index.php, http://www.myspace.com/housewilliams
Text & Fotos: Micha
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Tolles Review und Fotos. Ein wahnsinniges Abend. Und als Munly meine Freundin während ‚He, Roger Williams‘ bei der Hand nahm… immer noch können wir das nicht glauben. Sie sind auch sehr nette Leute, diese amerikanische banjokämpfende Masonen 😉
Greetings!