Tiefengrund, Frankfurt, 24.03.2018
Über die Problematik des Frankfurter Tiefengrunds als Konzert-Location haben wir in diesem Blog bereits an anderer Stelle (hier) berichtet. Die verwinkelten Räumlichkeiten stellen für Besucher – und auch Fotografen – stets aufs Neue eine Herausforderung dar, bietet sich doch nur gut einem Dutzend Zuschauern die Gelegenheit, die Band tatsächlich sehen zu können, der Rest muss sich mit den Livebildern des Auftritts auf einem Großbildfernseher oder gar lediglich mit dem Sound zufrieden geben. Als Party-Location hat der Club an der Friedberger Landstraße indes durchaus seine Qualitäten, wirkt er doch selbst bei wenigen Besuchern gut gefüllt und meist trifft man an jeder Ecke ein bekanntes Gesicht. Die regelmäßigen Events seien daher jedem Musik- und Filmfan (u. a. findet dort die Film-Veranstaltung Kammerflimmern statt) wärmstens ans Herz gelegt.
Eines dieser Events ist die Rude-&-Sharp-Party, die monatlich (mit Ausnahme einer kleinen Sommerpause) stattfindet und neben DJs auch gelegentlich Live-Acts präsentiert. Am gestrigen Abend waren es deren gleich zwei: Zum einen die junge Frankfurter Band RITUAL INSULTS, zum anderen die englischen Punk-Rocker SPUNK VOLCANO & THE ERUPTIONS (die alle Fotos dieses Berichts zeigen). Los ging’s bereits kurz nach Sieben – wegen der Anwohner müssen Konzerte im Tiefengrund um 22 Uhr beendet sein – mit den Lokalmatadoren, die noch nicht allzu lang aktiv sind und erst ihren zweiten Auftritt in Frankfurt absolvierten.
Musikalisch hat sich das Quartett um Frontfrau Isa eine Mischung aus frühem US-Punk und Hardcore auf die Fahnen geschrieben, der ob der individuellen Klasse der einzelnen Musiker bereits erstaunlich routiniert klingt. Mich erinnerte das Ganze stark an US-Combos wie die INSAINTS oder die VKTMS, was ja nicht die schlechtesten Vorbilder sind. Mit „Hybrid Moments“ von den MISFITS und „I Don’t Care About You“ von FEAR wurden neben den eigenen Songs auch zwei Klassiker dargeboten, die die Stimmung im Publikum ordentlich anheizten. RITUAL INSULTS dürften sich gestern viele Freunde gemacht haben und wenn die Band am Ball bleibt, könnte da durchaus Großes entstehen.
Als Nächstes standen die Briten SPUNK VOLCANO auf dem Programm, die zuvor von Sängerin Isa mehrmals als SPUTNIK VOLCANO angekündigt wurden. Dies zeigt bereits, dass das englische Quartett hierzulande alles andere als bekannt ist. Und das verwundert wenig, wenn man weiß, dass SPUNK VOLCANO als Sideproject des nicht minder unbekannten Acts DIRT BOX DISCO gegründet wurden. Diese sind eine kunterbunte Fun-Punk-Truppe, in der sich alle Mitglieder verkleidet und maskiert präsentieren. So auch Gitarrist Spunk Volcano, der nun bereits seit geraumer Zeit unter seinem eigenen Namen ein Solo-Projekt betreibt, bei dem er als Frontmann ohne Instrument agiert. Die markante Maske, die er auch bei DIRT BOX DISCO trägt, hat er dabei beibehalten, die bunte Unterhose, in diesem Falle mit Motiven von Captain America, ebenfalls. Der Sound seiner eigenen Band kommt allerdings härter und punkiger als bei den doch eher poppigen DIRT BOX DISCO daher.
Die bisherigen drei Alben von SPUNK VOLCANO belegen dies eindrucksvoll, bieten sie doch alle schnellen, schnörkellosen Punk-Rock. Und der hat sich bis dato von Veröffentlichung zu Veröffentlichung gesteigert: Wartete das Debüt „Injection“ aus dem Jahr 2014 noch mit recht melodiösen Gesang und einigen poppigen Songs auf, so liefern sowohl das Nachfolgealbum „Shit Generation“ (2016) als auch das aktuelle Werk „Not Wired Up Right“ (2017) dreckige Oi-Punk-Hymnen in der Tradition von Bands wie ANTI-NOWHERE LEAGUE oder den WRETCHED ONES. Allerdings, und dies sei vorausgeschickt, ohne das Niveau der genannten Acts zu erreichen.
Tatsächlich bedurfte es dreier Apfelweine, bis ich mit dem Sound der Briten warm wurde und drei weiterer, bis ich richtig Spaß hatte. Soll heißen, SPUNK VOLCANO funktionieren eigentlich nur, wenn man hackedicht ist, dann aber herrscht eine Stimmung vor der Bühne wie im Fanblock der Frankfurter Eintracht nach einem Sieg gegen den FC Bayern. Das Quintett hatte dabei zwei Arten von Songs zu bieten: Zum einen raue Oi-Punk-Kracher wie „You‘re the Bastard“, die zum Mitgrölen einluden, zum anderen pop-punkige Songs mit „Ohohooo“-Refrains wie „I Can‘t Stop Thinking About You“, deren Existenz wir wohl dem Einfluss der unsäglichen Neo-MISFITS um Jerry Only zu verdanken haben.
Eingeleitet wurden die Tracks mit netten Anekdoten von Spunk, bei denen auch Gimmicks wie z. B. eine Fernbedienung (beim Song „TV God“) zum Einsatz kamen. Auffallend war, dass Spunks Stimme sich über die Jahre gewandelt hat und er inzwischen wie Lemmy klingt – was wesentlich besser zu den härteren Stücken passt. Unterm Strich war das Ganze eine feucht-fröhliche Punk-Party und zumindest ich für meinen Teil habe den Club wie durch eine Drehtür verlassen. Wer also mal die Möglichkeit hat, SPUNK VOLCANO live zu erleben, der sollte ordentlich vorglühen und sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen. Oi!
Links: https://www.facebook.com/ritualInsults/, https://ritualinsults.bandcamp.com/, http://spunkvolcano.co.uk, https://de-de.facebook.com/spunkvolcano/, https://myspace.com/spunk.volcano.the.eruptio, https://soundcloud.com/dbdisco/spunk-volcano-the-eruptions, https://www.last.fm/de/music/Spunk+Volcano+and+the+Eruptions
Text: Marcus
Fotos: Boris, http://www.borisschoeppner.de/
Alle Bilder: