Batschkapp, Frankfurt, 29.05.2015
TANKARD sind in diesem Blog hier überfällig. Aus verschiedenen Gründen. Die Offensichtlichsten: TANKARD sind wie RRRM aus Frankfurt – und beide sind das sehr gern. Beteiligte Personen aus beiden Bereichen gehören der gleichen Generation an, was beinhaltet, dass man in den letzten Jahren teilweise die gleichen Dinge erlebt hat in Rhein/ Main. Mit anderer Gewichtung natürlich – mir z. B. ist Fußball und die damit einhergehende Fankultur vollkommen schnurz, bei TANKARD gehört das zum konzeptionellen Selbstverständnis. Dann die Glorifizierung des Gerstensaftes – ein Thema, welches ich auch als eines der meinen definieren würde. Als drittes schließlich das Zelebrieren einer Musik zwischen Thrash-Metal und Punkrock – tragende Pfeiler der Berichterstattung von RRRM. Ehrensache also, gestern die Batschkapp zu besuchen.
Hätte mir jemand nach meiner ersten Begegnung mit TANKARD live erzählt, dass ich anno 2015 so steil gehe auf die Show der Frankfurter, ich hätte ihn ausgelacht. Nicht für voll genommen. Für einen Schwätzer gehalten. Dabei traf das eher alles auf mich zu, an diesem Nachmittag des 28. Mai 1983. Nach einer erfolglosen Ehrenrunde des ersten Oberstufenjahres auf dem Frankfurter Goethe-Gymnasium unweit von Messe und Hauptbahnhof war das Ende meiner schulischen Laufbahn fürs Erste gekommen. Weiteres Absitzen der verhassten naturwissenschaftlichen Kurse war wenig Erfolg versprechend und ich begann, vereinzelt ein wenig Geld zu verdienen. Das Schulfest am 28. Mai sollte meine Abschiedsvorstellung an diesem Ort sein – eine Feier, für die wir (die SV) dem Rektor erstmals seit Jahren die Aula abschwätzten für ein Konzert der sich zu dieser Zeit (kommerziell gesehen) auf dem Sprung befindenden RODGAU MONOTONES.
Damals durchaus schon Metalfan, hievte ich meine lokalen Faves aus dieser Zeit ins Vorprogramm des Auftritts. HEAVY STORM hieß die Combo, alte DEEP PURPLE-Schule mit sehr guten Instrumentalisten, von denen zwei (Andi Wilda und Gunnar Kalb) später weit erfolgreicher bei den MEGALOMANIAX zockten. TANKARD entstanden auf derselben Schule und durften in einem Klassenraum im Erdgeschoss parallel zur großen Sause (bei der wir aus „Gründen der Sicherheit“ noch nicht mal das Licht auslassen durften, während die Bands spielten. Sehr stimmungsvoll.) ein bisschen Lärm machen. Als mehr haben wir und ich das nämlich nicht wahrgenommen. Krach von Metallern, der klang wie Punk. Und Punk war Scheiße. Und die MONOTONES waren toll. So viel zu meinem kulturellen Verständnis anno 1983.
Mit meiner ignoranten Meinung ging ich zu dieser Zeit durchaus hausieren und erzählte sie jedem, der sie hören wollte. Oder eben nicht. LOUDNESS-Konzert im Vobi, ein Jahr später: Das Schulfest war Thema, solange man sich unterhalten konnte (später ging das nicht mehr. LOUDNESS, eben.) Ich röstete wieder rum, wie schlecht TANKARD seien und tat das genau vor deren Ur-Schlagzeuger Oliver Werner (der, glaube ich, gestern auch in der Kapp anwesend war, wenn ich mich nicht verguckt habe). Der Anflug von Scham auf meinem Gesicht war nicht der Tatsache zuzuschreiben, dass ich Blödsinn erzählte, sondern der, dass ich dabei erwischt wurde. Sehr peinlich.
Noch peinlicher jedoch, dass es noch ein paar Konzerte lang dauerte, bis ich erst mir selber und dann auch anderen eingestand, dass man auf TANKARD-Gigs jede Menge Spaß haben kann. Dass sie, in der Regel, die Hauptband einfach wegblasen (Wer erinnert sich heute noch an DAMIEN, z. B.? Eben.). Und dass sie mit ihrem „Alcoholic Metal“-Konzept originell und einzigartig sind. Und mit ihrer Musik sogar innovativ – nahmen sie in Deutschland doch den durch D.R.I. mit Stempel versehenen „Crossover“ zwischen Punk und Metal mal lässig vorweg.
Das ist jetzt alles schon ein paar Jährchen her und TANKARD sind nicht nur immer noch da, sondern werden auch als kleinste der „Big Teutonic 4“ überall geachtet und gefeiert. In der Batschkapp eröffneten einmal mehr ihre Buddies von ABONDENED aus Südhessen, deren (auch bei MASTERS OF DISGUISE aufspielender) Sänger und Gitarrist Eric Kaltschmidt ebenso launig mit dem Publikum parlierte wie TANKARD-Röhre Gerre später. „Hallo Offenbach“ zur Begrüßung wurde da auch nicht als Anmaßung verstanden, sondern als Scherz unter Freunden – eine Stimmung, exemplarisch für den ganzen Abend. Etwa eine Stunde lang unterhielt die gegenwärtig ungesignte Band die Gäste und wurde von Einigen genauso enthusiastisch aufgenommen wie der Headliner später, während ein großer Teil noch die Gastronomie im Außenbereich beehrte.
Fast ein Jahr nach Erscheinen ihres 16. Studioalbums „R.I.B. (Rest In Beer)“ lieferten TANKARD anschließend keine Promoshow für die aktuelle Scheibe, sondern spielten eine Setlist aus allen Veröffentlichungen. Gerstensaft-Hymnen galore, sei es „Space Beer“, „Chemical Invasion“, „Need Money For Beer“, „The Morning After“, „Die With a Beer In Your Hand“, etc. Vom ersten Moment an voll auf die Zwölf, erste Stagediver ab Song Nummer Zwei. Ein bisschen neidisch wurde ich schon, als ich sah, wie der umfang- und altersmäßig mir nicht unähnliche Andreas „Gerre“ Geremia agil zwei Stunden lang die Bühne rockte und dabei kaum scharf in den Sucher der Kamera zu bekommen war, während ich mit einem Hefeweizen die Rheumapille in meine Plautze schickte. Respekt. Bassist Frank Thorwart, auch schon auf dem Goethe-Schulfest anwesend, stand dem in nichts nach. Drummer Olaf Zissel und Gitarrist Andreas Gutjahr ebenso nicht, aber die sind ja auch erst seit den Neunzigern dabei.
Gerres Mama war ebenfalls anwesend und wurde vom Filius überschwänglich begrüßt, Geburtstagskinder wurden zum Feiern auf die Bühne gebeten und, weil Heimspiel, „Schwarz-Weiß wie Schnee“ intoniert, die Eintracht-Hymne, die mir aus erwähnten Gründen am Arsch vorbei geht, dem Großteil der Anwesenden aber Tränen der Rührung in die Augen trieb. Mit „(Empty) Tankard“ nahm die Party nach etwas über zwei Stunden ihr standesgemäßes Ende und ich machte mich wie alle anderen glücklich, zufrieden und angeschickert auf den Weg nach Hause oder in die nächste Schänke. Bereit, darüber zu berichten. Blöd nur, ausgerechnet den Fußball-Song das ganze Wochenende im Ohr zu haben…
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Text, Fotos & Clips: Micha
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