Burgwiesenhalle, Oberursel, 12.04.2019
Alle Jahre wieder im April öffnet das Taunus Metal Festival in der Oberurseler Burgwiesenhalle seine Pforten und leitet damit – für alle Besucher sichtbar – die warme Jahreszeit ein: Es darf nämlich auf dem an die Konzerthalle grenzenden Gelände gezeltet werden und dieses Angebot findet einen immer größeren Zuspruch, sei es auch noch so kalt. Obgleich die beiden Festivaltage von strahlendem Sonnenschein begleitet wurden, näherten sich die Temperaturen nachts doch deutlich dem Gefrierpunkt. Die Metal-Camper hatten – dies ergab eine kleine, nicht repräsentative Umfrage – indes vorgesorgt und Schlafsäcke im Gepäck, in denen man sich auch bei minus 20 Grad „unnerum“ nichts abfriert. Doch nun zum Konzert…
Foto oben: Sänger Heavy Kevy von Insanity Alert
Wie gewohnt traten an beiden Tagen insgesamt 20 Bands auf. Ein Kombiticket für Freitag und Samstag kostete im Vorverkauf 25, an der Abendkasse 30 Euro – was mehr als fair ist, wenn man bedenkt, dass nicht nur deutsche Acts am Start waren, sondern auch Vertreter aus Österreich (INSANITY ALERT, PREDICTION), der Schweiz (EMERALD), Serbien (RIVERROTH), Italien (AIRBORN), Finnland (SATAN‘S FALL), den Niederlanden (VORTEX), Frankreich (FURIES, LONEWOLF), Tschechien (ROOT) und Schottland (HELLRIPPER). An dieser Stelle wollen und können wir nicht über alle Gruppen des Festivals berichten, da dies zum einen schlichtweg den Platz sprengen würde und es zum anderen auch einige Formationen gab, mit denen wir nur wenig anfangen konnten. Wir präsentieren daher nachfolgend einen Querschnitt durchs illustre Programm des elften Taunus Metal Festivals.
Der Freitag begann für uns um 18 Uhr mit den Friedbergern INSULTER, die wir bereits 2016 an gleicher Stelle erleben durften. Dabei fiel zunächst auf, dass zwei Dinge fehlten: Sänger Unholy Masochist (der nannte sich tatsächlich so) war ebenso verschwunden wie die umgekehrten Kreuze, die damals noch die Bühne zierten. Statt seiner hat nun Gitarrist Alcoholic Patrolator die Vocals übernommen und machte seinen Job genauso gut.
Insulter
Nach dem 2016er Debüt „Crypts of Satan“ ist 2018 mit „The Misanthrope“ ein zweiter, starker Langspieler erschienen. Dieser zeigt in allen Belangen eine Weiterentwicklung gegenüber dem Vorgänger. INSULTER spielen schnörkellosen Death-Thrash alter Schule, der irgendwo zwischen frühen CANCER und POSSESSED anzusiedeln ist. Das war kurzweilig, machte Spaß und mag man sich gern wieder anschauen.
Weiter ging‘s mit den MOONTOWERS aus Koblenz, die sich traditionellen 80s-Metal auf die Fahnen geschrieben haben, der ein wenig nach NWOBHM oder auch nach frühen skandinavischen Acts klingt. Und obgleich die Jungs erst eine EP mit drei
Moontowers
Songs vorzuweisen haben, so konnten sie doch die 45-minütige Auftrittszeit füllen, was vermuten lässt, dass bald ein vollständiges Album des Quartetts erscheint. Mir war der oftmals etwas träge und eher konventionelle Metal allerdings ein wenig zu bieder, sodass ich während einiger Lieder die Zeit für eine Stärkung an der Imbissbude vor der Halle nutzte.
Die nächsten 45 Minuten gehörten einer Band, die – ähnlich wie INSULTER – ebenfalls 2016 beim Taunus Metal Festival gastierte. Die Rede ist von INSANITY ALERT, der österreichischen Thrash/Skate-Punk-Combo mit niederländischem Sänger. Und wer die Jungs vor drei Jahren gesehen hat, der wusste bereits, dass der
Insanity Alert
Name bei der Formation Programm ist und nun der Wahnsinn regieren würde. Tatsächlich war die Show ähnlich furios wie 2016, enthielt aber einige andere Gimmicks. So kam der Frontmann Heavy Kevy beispielsweise zu Beginn des Gigs mit einer Lametta-Perücke auf die Bühne, hielt ein ums andere mal obskure Motto-Schilder („Zum Wohl Tirol!“) in die Höhe und tauchte zuletzt mit einer Luftmatratze in Form eines Bierglases auf, die dem entfesselten Publikum nachfolgend als Surfbrett diente. Hier stand ganz in der Tradition von TANKARD oder GANG GREEN der Fun-Aspekt im Mittelpunkt: Textlich ging‘s ums Saufen – das neue Album heißt „666-Pack“ –, ums Kiffen und ums Partyfeiern. Am Ende der Show gab‘s auch diesmal wieder den umgetexteten IRON-MAIDEN-Hit „Run to the Pit, Mosh for your Life!“. Einmal mehr ein Hammer-Auftritt von einer der größten Party-Bands unserer Zeit, die für uns der eigentliche Headliner des Tages waren.
oben: Luftmatratzen-Surfing bei Insanity Alert
Die Bayern ANTIPEEWEE waren mir bis dato kein Begriff, aber es ist das Schöne am Festival, dass man immer wieder neue Acts kennenlernt. Und im Falle des Quintetts aus Abensberg war die Überraschung durchweg positiv. ANTIPEEWEE lieferten ein kompromissloses Thrash-Brett ab, das musikalisch an TESTAMENT und EXODUS erinnerte, wobei besonders das aktuelle Album „Infected by Evil“ deutlich in dieser Richtung zu verorten ist, die Scheiben davor präsentieren
Antipeewee
sich etwas melodischer, aber ebenso gut. Inhaltlich scheint H.P. Lovecraft eine große Inspiration für die Thrasher darzustellen, alle drei bisherigen Scheiben liefern deutliche Verweise an den großen Meister und auch die Cover-Artworks warten mit Cthulhu-Monstern auf. Musikalisch boten ANTIPEEWEE einen Riff-Tornado, der keine Gefangenen machte: Gnadenlos auf den Punkt gespielt, kompakt und mit einer Wucht, die bis dahin kein anderer Act zu bieten hatte. Für mich waren die fünf Abensberger eine der Überraschungen des diesjährigen Festivals und lieferten – sieht man von der Party-Action von INSANITY ALERT ab – den eindrucksvollsten Auftritt des ersten Tages.
Mit DARKNESS folgte nun der nominelle Headliner des Festival-Freitags, dem gar eine Stunde Spielzeit zuteil wurde – und das zu Recht, denn DARKNESS (nicht zu verwechseln mit den Spaßkaspern THE DARKNESS) sind eine der dienstältesten deutschen Thrash-Bands. Die Jungs stammen aus Essen, gründeten sich im gleichen Jahr wie KREATOR und veröffentlichten ihre Debüt-Scheibe „Death Squad“ zwei Jahre nach der von KREATOR und ein Jahr nach der von SODOM. Als „Death Squad“ 1987 erschien, erlangte das Album binnen kürzester Zeit Kultstatus und die Band wurde ebenso wie ASSASSIN und VIOLENT FORCE als das „Next Big Thing“ des Teutonen-Thrashs gehandelt. Letztlich hat den Ruhrpottlern jedoch das nötige Quäntchen Glück, der richtige Produzent oder das passende Label gefehlt, um heute da zu stehen, wo sich die Big Teutonic 4 (KREATOR, SODOM, DESTRUCTION, TANKARD) befinden.
Darkness
Die Folgealben von 1988 und 1989 waren beide deutlich schwächer als der Erstling und führten schließlich dazu, dass die Gruppe sich 1991 auflöste. Nach einigen halbherzigen Reformierungsversuchen folgte 2013 schließlich die endgültige Rückkehr von DARKNESS, die von Original-Drummer Lacky und Gitarrist Arnd initiiert wurde. 2016 und 18 folgten zwei starke Thrash-Alben, die musikalisch und auch qualitativ direkt an das Debüt anknüpften. Mit dem gestrigen Auftritt von DARKNESS setzte das Festival die Tradition fort, (vergessene) deutsche Kultbands wieder auf die Bühne zu holen. Nachdem es in der Vorjahren ASSASSIN, OUTRAGE und IRON ANGEL waren, folgten nun die Essener. Allerdings war der Gig etwas enttäuschend, da der Funke trotz diverser Klassiker der ersten Scheibe wie „Burial at Sea“, „Staatsfeind“ und „Death Squad“ nicht so richtig überspringen wollte. Vielleicht lag es an daran, dass zuvor ANTIPEEWEE ultimativ die Bühne gerockt hatten, vielleicht auch daran, dass der neue DARKNESS-Shouter Lee – Original-Sänger Olli verstarb 1998 – optisch wie ein Skilehrer rüberkam und von der titelgebenden DARKNESS so gar nichts verkörperte. Schlecht war‘s dennoch nicht, aber eben nicht der erwartete Overkill.
Als letzter Act stand das österreichische Duo PREDICTION auf dem Plan, das lediglich aus einem Schlagzeuger und einem Gitarristen bestand, der gleichzeitig die Vocals beisteuerte. Musikalisch wurde eine Mischung aus
Prediction
klassischem Oldschool-Black Metal der Marke CELTIC FROST und Death Thrash geboten, die zur späten Stunde und zum Ausklang des Tages perfekt passte. Die finsteren, druckvollen und einfach strukturierten Songs bohrten sich wie ein Metallfräse in die Gehörgänge des Publikums und machten dieses ein letztes Mal am Abend zu willenlosen, headbangenden Duracell-Hasen. Dabei stellten PREDICTION eindrucksvoll unter Beweis, dass es – zumindest bei dieser Spielart des Metals – nicht unbedingt eines Bassisten bedarf, um einen druckvollen Sound zu erzeugen. Ein starker Auftritt der Österreicher, der den ersten, traditionell mit härteren Bands besetzten Festivaltag beschloss. Freunden des frühen Black Metal sei an dieser Stelle ausdrücklich das zweite, sehr gute Album „Hell Strikes Back“ von PREDICTION empfohlen.
Was der zweite Festivaltag zu bieten hatte, erfahrt Ihr hier.
Links: https://www.taunus-metal.de/, https://insultergermany.bandcamp.com, https://moontowers-de.bandcamp.com, https://insanityalert.bandcamp.com, https://antipeewee.bandcamp.com, http://www.darkness-thrash.de, https://www.facebook.com/prediction666
Text & Fotos: Marcus
Alle Bilder: