Ponyhof, 31.05.2012
Gestern folgte ich (laut Flyer) einer Einladung zu „Blues“, „Demented Tango“, „Hick-Up“ und „RnR“ in den Ponyhof, was die Darbietungen des Hauptacts TAV FALCO’S PANTHER BURNS kategorisieren soll – und auch tut, aber dazu später mehr. Eröffnet wurde der bunte Abend zunächst von Frankfurts eigenen BARSTOOL KINGS (Foto unten), die ebenso verschiedene Stile vermischen: „Swampy Rock’n’Roll, last orders country, spaghetti western sounds for one armed bandits, crime jazz and C-movie soundtracks”. Die Herren traten leger in dunklen Anzügen gekleidet auf, genau so, wie man sich Gentlemen in einer dunklen Bar vorstellt und wie man es von Acts wie den FLAMING STARS und EARLS OF SUAVE kennt. Dabei wirkten sie seriös und souverän, waren sich aber auch nicht für einen Kalauer zu schade.
Und die Musik? Sie begann wie die ersten zwei Drinks auf einem Barhocker – entspannendes Loungefeeling, das gut tut und bei dem man sich ein bisschen wie in einem Tarantino-Film fühlt. Quality. Und dann, nach dem dritten Drink, kommt der Kick. So langsam gaben die Kings Gas, die Songs wurden schneller und
rock’n‘rolliger. Das Publikum im recht gut gefüllten Ponyhof trug zur gesteigerten Stimmung bei. Doch wenn man an der Bar zu viel Gas gibt, wird man nach ein paar Drinks schon mal melancholisch. Dazu passten die country-lastigen Balladen mit einer schön twangigen Gitarre, die die vier Herren während der zweiten Hälfte des Sets anstimmten. Am Ende wurde es noch mal rockiger, aber wie sie selbst sagten, waren sie „ja nur die Vorband“ und räumten die Bühne für TAV FALCO (oder Gustav, wie sie ihn nannten). Prost, Kings! Hat mir gefallen, schön auch die Verwendung eines halb gefüllten Gerippten zum Slide-Gitarre-Spielen.Als TAV FALCO noch in Amerika wohnte, war er einer der Hauptakteure der Underground-Szene in Memphis, und er hat für mich eine ähnliche kulturelle Bedeutung wie ALEX CHILTON oder JEFFREY LEE PIERCE. Allerdings mag er es auch kitschiger und setzt neben obskurem Rockabilly und Garage- Psych zusätzlich auf Tango und Balladen. Und vor allem mag er es sloppy-chaotisch-unprofessionell. Wer das Debütalbum „Behind the Magnolia Curtain“ kennt, der weiß, was ich meine. Es gibt durchaus auch eher professionell eingespielte Aufnahmen der PANTHER BURNS, aber Perfektionisten sind sie nicht. Das waren sie auch nicht gestern, die Instrumente wurden oft gestimmt, was meistens halbwegs hinhaute. Irgendwann gab Gustavo dann aber auf: „I’m not gonna tune this thing!“.
Aber ein bisschen schräg passt zu den PANTHER BURNS und TAV FALCO’S Stimme und hält sie nicht vom Rocken ab. Das taten sie von elf bis halb zwei! Allerdings rissen sie mich nicht von Beginn an vom Hocker. Die ersten drei Lieder waren alle Cover: „Tiger Man“, „Funnel of Love“ und „Tobacco Road“. Vor allem beim letzten fing ich an zu zweifeln, ob das noch mehr als eine Tanzband auf einer Hochzeit sei. Dabei schien der Rest des Publikums meine Zweifel nicht zu teilen, der begeistert schrie und tanzte. Das mochte daran liegen, dass die Leute nicht nur vom Set der Vorband heiß waren, sondern auch vom Schleiertanz, den die Schlagzeugerin der PANTHER BURNS, Giovanna, eingangs einlegte, bevor sie dann knapp bekleidet hinter der Schießbude Platz nahm (siehe den Clip unten). Aber wie gesagt, der Eindruck von der Hochzeitsband änderte sich bei mir schnell.
Die Band fing an, Eigenkompositionen zu spielen, und es wurde etwas Garage-lastiger, mit einem gelegentlichen Hauch von VELVET UNDERGROUND. TAV FALCO schreibt gern Lieder, bei denen er Geschichten erzählt, von der „Rue de la lune“ zum Beispiel. Dabei erinnert er ein bisschen an KID CONGO. Nach einiger Zeit wurde der Frontmann dann zwischen den Liedern gesprächiger.
Zu Beginn verbrachte er die Pausen eigentlich nur mit erwähntem Stimmen, kämmte sich sein Haar oder ging mal schnell in den Backstageraum nebenan, um sich ein Schlückchen zu gönnen. Das alles mit sehr ernster Miene. Aber nach etwa einer Stunde huschte dann schon einmal ein Lächeln über sein Gesicht, und er gab ein paar Anekdoten preis. Zum Beispiel anlässlich seines Covers von „Love Is My Business“ (zu finden auf der „Blow Your Top“-EP – empfehlenswert), zu dessen Originalinterpreten CLIFF GLEAVES, auch aus Memphis und Mitglied der Memphis Mafia, wie er uns erzählte.Dass sich die PANTHER BURNS im Großen und Ganzen live recht professionell für ihre Verhältnisse anhören, liegt bestimmt auch daran, dass sie in der jetzigen Besetzung schon einige Jahre zusammen spielen. TAV FALCO, mittlerweile in Paris ansässig, wird an Bass und Gitarre von zwei Franzosen unterstützt, während die Schlagzeugerin und der Keyboarder aus Italien kommen. Bei dem Keyboard handelt es sich um ein elektrisches Mini-Klavier, vielleicht einen halben Meter breit, nicht mehr. Nichts für Puristen, passte aber gut. Besonders bei den paar Tangostücken, zu denen Tav eigentlich noch einen angeblich extra mitgebrachten Tangotänzer auf die Bühne holen wollte, darauf aber verzichtete, weil diese zu eng war. Keine Ahnung, ob’s stimmt. Die Tangos kamen gut an, wie auch der Klassiker „Brazil“, der absolute Hammer war aber meiner Meinung nach „Gentleman in Black“, das während der ersten paar Takte wie „Bertha Lou“ klingt, sich dann jedoch psychedelisch ausdehnt wie ein LSD-getränkter Kaugummi. Die Live-Version gestern ging an die zehn Minuten, auch als sich die Feder aus dem Tremolo von Tavs Höfner löste, ließ sich die Band davon nicht aufhalten, sondern reparierte das Ding ‚spielend‘.
Um halb zwei war nach der Zugabe dann Schluss, die Stimmung gut und viele wollten noch mehr (haben die alle morgen frei?). Statt am Merchstand vertickte Tav ein paar CDs direkt von der Bühne. Für mich also nach einem schlappen Beginn ein erfolgreicher Gig, bei dem nichts fehlte – außer dem Charlie Chaplin-Schnurrbart vielleicht, den Tav leider nicht mehr trägt.
Link: http://www.myspace.com/pantherburns, http://www.myspace.com/barstoolkings
Text & Fotos: Jan
Clips: am Konzertabend aufgenommen von mgeb1
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