Dreikönigskeller, Frankfurt, 17.04.2024
Wenn der Band THE DIRTEEZ der Ruf vorauseilt, als die CRAMPS von Marseille zu gelten und einen „Voodoo Garage Rock ’n‘ Roll“ zu spielen, dann muss man die natürlich mal live erlebt haben. Dass die zuletzt veröffentlichten Tonträger die illustren Titel „Monster in Love“ (2023), „Dance of Souls“ (2019) und „Big Bad Rock n’Roll“ (EP, 2016) tragen, steigerte meine Neugier noch und bestärkte mich in der Entscheidung, am gestrigen Abend in den Frankfurter Dreikönigskeller zu pilgern. Schließlich wollte ich herausfinden, ob die oben genannten Vorschusslorbeeren – die CRAMPS sind eine meiner Lieblingsbands und ein 1990 gesehenes Konzert für mich bis heute eine Referenz für grandioses Entertainment und perfekte Bühnenshow – dem Quartett aus Südfrankreich gut zu Gesicht stehen.
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Der Gig von THE DIRTEEZ war kurzfristig ins Programm des Clubs genommen worden, vermutlich um eine Tourlücke zu schließen. Da die Combo zudem in unseren Breiten relativ unbekannt ist, war es nicht verwunderlich, lediglich etwa zwei Dutzend Musikfreunde in den unterhalb der Grasnarbe der Färberstraße gelegenen Räumlichkeiten anzutreffen. Der Konzertraum wartete jedoch mit einer optischen Überraschung auf: Der aus zahllosen, silberfarben schillernden Strähnen bestehende Bühnenhintergrund wurde in den vergangenen Tagen erneuert und sorgt nun wieder für eine wesentlich angenehmere Atmosphäre als der nackte, schwarze Stoffvorhang zuvor. Endlich ist wieder mehr Lametta, um es mal mit Loriot zu sagen.
Die Besucherinnen und Besucher bezogen zu Beginn des Auftritts gegen 22 Uhr gleich vorn in der Nähe des Podestes ihre Plätze und hielten nicht einige Meter Abstand, wie wir das auch schon erlebt haben. Dadurch wirkte der Club einigermaßen gefüllt und die Band schien mit diesem Zuspruch zufrieden zu sein. Die Konstanten in dem bereits Mitte der Achtziger Jahre gegründeten Vierer sind der Sänger Clint Lhazar und die Gitarristin (und gelegentliche Sängerin) Wild Cat Lou, die Positionen am Bass und am Schlagzeug waren während fast vier Jahrzehnten diversen Umbesetzungen unterworfen. Sollten die Angaben auf der Webseite der Formation aktuell sein, handelte es sich bei dem Bassisten um Tchoupy und um den Trommler Jeremy. Verifizieren kann ich das derzeit nicht, eine Vorstellung der tourenden Bandmitglieder fand nicht statt.
Die Show startete mit „Last Station of Broken Hearts“, dem Opener des aktuellen Albums „Monster in Love“, von dem sieben Lieder im insgesamt 18 Songs umfassenden Programm stammten. Von dem nur als CD erschienenen Werk „Dance of Souls“ schafften es immerhin sechs Stücke in die Konzertauswahl, die oben genannte EP wurde durch den gleichnamigen Titel „Big Bad Rock ’n‘ Roll“ und „Like a Bullet in My Head“ repräsentiert. Der Rest der Tracks stammte von älteren Werken, so zum Beispiel „She‘s My Baby“ aus dem Jahr 2008. Die ersten Veröffentlichungen der Franzosen, die jedoch nicht gespielt wurden, sind fast 40 Jahre alt, datieren von 1987. Inzwischen sind neun Studioalben und fünf Singles und EPs erschienen.
Sämtliche Lieder wurden in schön rauer Garage-Rock-Manier mit einem gehörigen Trash-Faktor dargeboten, wie seinerzeit bei den CRAMPS. Deren große Fußstapfen sind für die DIRTEEZ, insbesondere in puncto Bühnenshow, jedoch nicht zu füllen: Als Aktivposten entpuppten sich während des Gigs lediglich die beiden jüngeren Mitstreiter am Bass und am Schlagzeug, die Gründungsmitglieder wirkten eher introvertiert. Gerade bei den schnelleren Stücken hätte ich mir etwas Exzessivität des Frontmanns gewünscht, ein kurzer Abstecher vom 30 Zentimeter hohen Podest hinunter ins Publikum war da schon das höchste der Gefühle. Aber, um auch das mal zu erwähnen, wir sind alle keine Zwanzig mehr und es ist auch nicht jedermanns Sache, sich wie einst CRAMPS-Sänger Lux Interior mit dem Mikrofonkabel zu strangulieren, den bleichen Oberkörper mit Rotwein aus einer zerschlagenen Flasche zu übergießen und sich dabei auf dem Boden zu wälzen.
Insgesamt war es ein vergnüglicher Abend, denn die DIRTEEZ haben starke Songs (u. a. „Happy Dogs“, „Dead River“, „Shy“). Das ultimative Konzerterlebnis blieb dennoch aus, da es kaum Interaktion mit dem Publikum und für meinen Geschmack zu wenig Action auf der Bühne gab. Nach der Show konnten an einem gut gefüllten Merchtisch LPs, CDs und Shirts zu fairen Preisen erworben werden, bevor sich der Plattenkoffer samt Band in Richtung der nächsten Tourstopps in Luxemburg und Amsterdam verabschiedete. Wir sagen: „Merci bien et bonne route!“
Links: https://dirteez.fr/, http://dirteez.free.fr/, https://www.facebook.com/TheDirteezSwampabilly/, https://dirteez.bandcamp.com/, https://www.last.fm/music/The+Dirteez
Text: Stefan / Fotos: Kai
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