THE NUCLEARS

Dreikönigskeller, Frankfurt, 27.01.2017

The NuclearsMein gestriges Konzerterlebnis war ein Blind Date. Weder hatte ich zuvor von den NUCLEARS gehört, noch hatte ich mich im Vorfeld umfassend über die Band informiert. Ich wusste lediglich, dass es sich um eine italienische Psychobilly-Combo handelt und hatte auf YouTube einen Song namens „Eat My Shit“ entdeckt, der immerhin vermuten ließ, dass die Jungs nicht unbedingt zu den konservativen Genrevertretern gehören. Der Gig im Frankfurter Dreikönigskeller kam recht kurzfristig zustande und fand wohl nur statt, weil die Italiener den Weg zu ihrem eigentlichen Ziel, Berlin, nicht komplett durchfahren, sondern einen Zwischenstopp einlegen wollten.

Bei meiner Ankunft im DKK bot sich mir zunächst ein ungewohntes Bild, denn üblicherweise steht die Band bereits auf der Bühne, wenn ich einen Club betrete. Diesmal kam ich um kurz nach Zehn und gehörte zu den ersten drei Besuchern. The NuclearsLos ging‘s etwa gegen Elf, nicht zuletzt, weil die Musiker selbst für die Kasse am Eingang verantwortlich waren und verständlicherweise den Auftritt möglichst lang hinauszögern wollten in der Hoffnung, dass sich noch der eine oder andere Besucher in den Laden verirren würde.

Am Ende fanden sich dann gut 30 Gäste ein, von denen ich allerdings keinen in der hiesigen Rock’n‘Roll-Szene verorten konnte. Das Gros bestand aus Italienern, die gekommen waren, um ihre Landsleute zu sehen. Welche Art von Musik die NUCLEARS machten, war den Besuchern dabei relativ schnurz. Einige behielten sogar während der Show Platz und beschwerten sich, dass Leute vor der Bühne standen, die ihnen die Sicht The Nuclearsversperrten. Vermutlich hatten sie zuvor nur Konzerte in Opernhäusern erlebt.

Die Band störte dies nicht, die drei Jungs aus der Lombardei waren gut drauf und besonders Gitarrist und Sänger Paolo entpuppte sich im Laufe des Auftritts als grandioser Frontmann, der das Publikum stets mit witzigen Ansagen bei Laune hielt. Als Referenz haben die NUCLEARS bisher ein Album vorzuweisen, das allerdings bereits 2009 und noch mit einem anderen Sänger und Drummer eingespielt wurde. Das aktuelle Lineup hat bereits eine neue Scheibe aufgenommen, sucht allerdings derzeit noch nach einem geeigneten Label, um das Werk zu veröffentlichen. Der anstehende Gig in Berlin soll dabei behilflich sein.

Bereits nach den ersten Akkorden war klar, wohin die musikalische Reise gehen würde: Traditioneller Psychobilly, der mal rockiger und mal punkiger klang, sich aber stets innerhalb der Parameter des Genres bewegte. Nach einigen eigenen Tracks folgten Cover-Versionen von Johnny Burnette und Johnny Cash, die quasi zum Standard einer The Nuclearsjeden Rock‘n‘Roll-Combo gehören und somit keine Überraschungen darstellten. Spannender wurde es in der zweiten Hälfte des Sets. Nach der Ankündigung: „We like all kinds of Rock‘n‘Roll and we like to destroy good songs“, folgten weitaus interessantere Cover-Songs. Beispielsweise „Overkill“ von MOTÖRHEAD, „Don‘t Talk To Me“ von G.G. ALLIN sowie ein mir nicht bekanntes Stück von CYPRESS HILL.

Dies waren dann doch einige Überraschungen und als der Gitarrist und der Bassist beim Spielen eine menschliche Pyramide bildeten, kam auch noch ein optisches Highlight hinzu. Das Set klang schließlich mit einem weiteren Standard – „Surfin‘ Bird“ von den TRASHMEN – aus. Unter The Nuclearsdem Strich war‘s ein kurzweiliger Abend mit einer Band, die live durchaus zu unterhalten wusste. Wie sich das Ganze auf CD anhört, gilt es abzuwarten. Für mich war das Event aber noch lange nicht zu Ende. Ich sprach noch gut eine Stunde mit den sympathischen Jungs an der Theke, philosophierte unter anderem über Norditalien und Alfa Romeo und diskutierte, ob der italienische Akzent, der die englischen Songs der NUCLEARS prägt, eher förderlich oder hinderlich ist. Zum Abschied bekam ich sogar noch einige CDs geschenkt. Fazit: Hingehen, wenn das Trio mal wieder in der Gegend ist, ein feucht-fröhlicher Party-Abend ist garantiert!

Links: https://www.facebook.com/thenuclearsrockabilly/, https://myspace.com/radioactiverockabilly

Text & Fotos: Marcus

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