UKULELE DEATH SQUAD

Brotfabrik, Frankfurt, 9.07.2024

Ukulele Death SquadDer Bandname UKULELE DEATH SQUAD klingt ja ziemlich martialisch. Und ich muss einräumen, dass er nicht zuletzt dafür verantwortlich war, dass ich auf die Gruppe aufmerksam wurde und im Juli des vergangenen Jahres zur Frankfurter Brotfabrik pilgerte, um sie erstmals zu sehen. Natürlich hatte ich vorher mal auf den gängigen Streaming-Plattformen reingehört, was das Oktett (richtig gelesen, das sind tatsächlich acht Leute) so treibt. Mit „Death“ (Tod) und der Inszenierung von Totenschädeln und Gasmasken auf den Plattencovern hat das Ganze dann doch nur am Rande zu tun. Was aber kein Problem war: Beim Hören der 2023 erschienenen EP „Til the Death“ (schon wieder was mit Tod) war ich sofort angefixt, das Konzert zu besuchen und die Musik live zu erleben. Denn die hat es in sich: Eine Mischung aus Gypsy Jazz, Rhythm & Blues, Soul und Folk, gespielt u. a. mit Ukulelen, Congas und Blasinstrumenten.

Im Mai des laufenden Jahres hat die Truppe aus Australien eine neue EP herausgebracht, die den Titel „Baby Don‘t Fuck With Me“ trägt und dessen Cover ein Schnuller ziert (der vielleicht ein wenig besser passt als die im Rock-Bereich allgegenwärtige Totenkopf-Ästhetik) – denn eigentlich sind die drei Mädels und Ukulele Death Squadfünf Jungs doch ganz lieb und wollen nur spielen. Dass sich die Combo „The Worlds Most Dangerous Ukulele Group“ nennt, ist – na klar – Satire und zeigt, dass sie sich nicht ganz so ernst und auch gern mal selbst auf die Schippe nimmt. Spielen tut die „gefährlichste Ukulele-Gruppe der Welt“ auch 2024 auf einer kleinen Tour durch Deutschland mit Auftritten in Berlin, Göttingen und Augsburg sowie Festivals in Rudolstadt und Pegnitz. Und mittendrin eine Show in der Frankfurter Brotfabrik.

Scheinbar hat es der Band in der heimeligen Location im Stadtteil Hausen fast auf den Tag genau vor einem Jahr so gut gefallen, dass der Club nun wieder berücksichtigt wurde. Ich kann das nachvollziehen: Die Besucherinnen und Besucher, von denen die wenigsten die Formation aus Adelaide gekannt haben Ukulele Death Squaddürften, waren damals gegen Ende des Gigs schier aus dem Häuschen und feierten die Formation begeistert ab. Die Truppe hatte den ganzen Abend herausragendes Entertainment geboten und kam dabei ebenso authentisch wie sympathisch rüber. Auch im Anschluss an die Show präsentierten sich die Südaustralier äußerst nahbar und freuten sich am Merchtisch über die Gespräche mit den Fans sowie deren Foto- und Autogrammwünsche.

Ukulele Death Squad

Dass die neue Tour durch Deutschland nach nur einem Jahr überhaupt möglich wurde – finanziert werden mussten unter anderem Flugreisen für mindestens acht Personen ans andere Ende der Welt sowie die Hotelzimmer, Verpflegung, die Transporte zu den Auftrittsorten, usw. – haben die Musiker (und die Fans) Ukulele Death Squadauch der Unterstützung der Organisation Creative Australia zu verdanken, die die Kultur des fünften Kontinents bekannter machen möchte und dafür Künstler in verschiedenen Sparten fördert. Nun also eine Neuauflage 2024 mit frischem Material und an einem Abend, an dem sich ganz Deutschland eigentlich darauf eingerichtet hatte, die Fußball-Nationalmannschaft vor dem Fernseher ins Finale der Europameisterschaft zu schreien. Doch der Auftritt der DFB-Kicker im EM-Halbfinale fiel bekanntermaßen aufgrund des Ausscheidens ein paar Tage zuvor aus; der von UKULELE DEATH SQUAD fand hingegen statt. Und das mit deutlich mehr Gästen, als man im Fall des oben erwähnten Szenarios hätte erwarten dürfen.

Ukulele Death SquadIch muss zugeben, dass ich mich im Vorfeld des Konzertes beim erstmaligen Hören an die Lieder des neuen Drehers „Baby Don‘t Fuck With Me“ ein wenig gewöhnen musste, denn sie sind anders als die der Vorgänger „Til the Death“ (2023), „Ukulele Death Squad“ (2022) und „Not Afraid“ (2018). Weniger schräg, dafür schmissiger, eingängiger, rhythmischer, souliger. Man durfte gespannt sein, wie sie live rüber- und beim Publikum ankommen würden. Wer das ältere Material mehr mochte, brauchte sich aber nicht zu sorgen – schließlich hat die Band noch nicht derartig viele Songs, als dass sie bei einer Headliner-Show auf mehrere gute Tracks verzichten könnte. Man durfte also relativ sicher sein, auch seine Lieblingsstücke der früheren Tonträger während des Auftritts zu hören.

Ukulele Death SquadAn einem der bisher heißesten Tage des Jahres startete die Combo nach kurzem Intro mit dem wunderbar morbiden Song „Til the Death“. Von Anfang an in seinem Element: Sänger Matthew Barker, Dreh- und Angelpunkt der UDS-Bühnenshow – schon körperlich von imposanter Gestalt und (die Besucher des 2023er-Gigs kannten das bereits) angezogen mit Pumps, Netzstrumpfhosen, einem durchsichtigen Kleidchen, darunter mit schwarzem Tape abgeklebte Brustwarzen und um den Hals eine Perlenkette. Darüber trug er anfangs eine Jacke mit unzähligen Silberstreifen, gegen die das Lametta am Weihnachtsbaum getrost einpacken kann. Der Frontmann fragte zunächst, wer aus dem Publikum im Jahr zuvor beim Konzert in Frankfurt dabei gewesen war. Eine Dame, die Ukulele Death Squadsich meldete und das 2023 gekaufte Band-Shirt trug, durfte sich sogleich an der Bühne eine Umarmung und ein Küsschen abholen. Liebenswert.

Nach den folgenden Stücken „Just a Boy“ und „We Don’t Talk No More“ (Solo für eine weibliche Singstimme) vom neuen Album (dazwischen das ältere „Waterfall“) ließ die Sängerin und Posaunistin Ash Randell verlauten, es sei ja in Frankfurt „so heiß wie in Australien im Sommer“, zum Glück sei man die Hitze einigermaßen gewohnt. Wie schon vor Jahresfrist gab es beim gestrigen Konzert zwei Sets, unterbrochen durch eine knapp halbstündige Pause. Gut für die Gäste, die aus dem stickigen Saal an die frische Luft flüchten konnten. Nicht so für die Musiker, die zwar den anstrengendsten Job des Abends hatten, aber während der Auszeit selbst ihren Merch verkauften.

Ukulele Death SquadAls vorletzten Song des ersten Sets präsentierte die UKULELE DEATH SQUAD a capella das traditionelle Seemannslied „Lowlands away“. Dieses zeigte einmal mehr, dass es nicht nur eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme in dieser Truppe ist, sein Instrument hervorragend zu beherrschen. Man sollte des weiteren auch ausgezeichnet singen können, und das tun alle acht Bandmitglieder. Außerdem begnügen sich die Musiker nicht damit, nur ein Arbeitsgerät einwandfrei zu Gehör zu bringen; die meisten spielen gleich mehrere: Julian Ferguson wechselte zum Beispiel von der Ukulele an die Geige und Reuben „Octopus“ Legge vom Schlagzeug an ein Saxophon. Alice Barker alias Ali B. bediente sowohl ein kleines Syntheziser als auch die Trompete. Und Ignacio Larralde widmete sich neben seiner Ukulele noch der Percussion. Bei soviel Musikalität muss man sich nicht wundern, dass die Combo in ihrer Heimat schon diverse Preise abgeräumt hat.

Wie alle Bands mit „Exoten-Bonus“ kokettierten auch die Musiker von Down Under wieder ein wenig mit ihren (mangelnden) Deutsch-Kenntnissen, was ja beim Publikum immer ganz gut ankommt. So auch diesmal. Silky Rogers, die mit ihrer Ukulele auf der Bühne in der hinteren Reihe postiert war, berichtete nach der augenzwinkernden Ukulele Death SquadBemerkung, dass die Gruppe sie ja manchmal sogar nach vorn lasse, dass sie einige Jahre auf eine „Steiner-Schule“ (Waldorfschule) gegangen sei, sie das Gelernte aber leider inzwischen vergessen habe. Band und Publikum wurden sich später einig, dass Frankfurt „sexlisch“ (eine eingedeutsche Version von „sexy“) sei.

Das zweite Set des Konzerts war an Höhepunkten noch reicher als das erste. Zu nennen ist unter anderem die Soul-Nummer „Baby Don‘t Fuck With Me“, Titelsong des neuen Albums – mit Rap-Einlage von Ali B., der Schwester des Sängers, stilecht mit dunklem Sonnenbrillen-Accessoire. Danach ging es Schlag auf Schlag: Auf das swingende „Eyes Like That“ folgte der vielleicht beste Song der Band, „Not Afraid“, mit großartigen sing alongs im Refrain. Die Brotfabrik kochte ob der vielen schwitzenden, tanzenden Leiber bei gefühlten 40 Grad Celsius.

Ukulele Death SquadIn „Paris On A Train“ ging die Truppe anschließend kurzzeitig vom Gas, zum Einsatz kam hier die von Eamon „Egg“ Roy ebenso einfühlsam wie filigran gespielte Ukulele. Danach ließ Sänger Barker seine Perlenkette bei dem Stück „Black Cat“ wie ein Lasso über dem Kopf kreisen, warf sie auf den Boden und dabei riss die Kette, woraufhin ein paar Dutzend Kunstperlen über die Bühne kullerten. Vermutlich nicht ganz schmerzfrei für die vier Bandmitglieder, die barfuß auf den Brettern unterwegs waren. Anmerken ließ sich jedoch niemand etwas. Nach zehn Liedern des zweiten Sets verschwand die Formation über die im hinteren Bühnenbereich befindliche Treppe in Richtung Backstage, doch sie kam aufgrund lautstarker Zugabeforderungen noch einmal zurück. Die Sängerin Ukulele Death SquadAsh Randell bat die Gäste vor den letzten beiden Songs mitzusingen und mitzuklatschen.

Nach insgesamt 20 Stücken war endgültig Schluss und ich wage die Behauptung, dass jeder einzelne Konzertbesucher im fast ausverkauften Saal gut gelaunt den Heimweg antrat, gegebenenfalls mit einem Zwischenstopp am mit CDs und T-Shirts reich gedeckten Merchtisch. Wer gerne wissen möchte, wie sich die Show gestern ungefähr zugetragen hat, dem sei ein Mitschnitt des UDS-Konzerts unter dem Titel „Die Neuerfindung der Ukulele in Zeiten der Anarchie“ ein paar Tage zuvor auf dem Rudolstadt Festival empfohlen, der hier angehört werden kann. Die Setlist ist im Vergleich zum Auftritt in der Brotfabrik gestrafft, die Reihenfolge der Songs eine andere, aber Ukulele Death Squaddie Atmosphäre dieser unglaublichen Live-Band kommt ganz gut rüber.

Ich liebe es, wenn man gar nicht weiß, wo man auf der Bühne hingucken soll, weil überall zeitgleich etwas passiert – das ist gnadenlos gutes Entertainment. Eine derartige Performance habe ich (obwohl musikalisch nur bedingt vergleichbar) bisher nur von den Briten THE URBAN VOODOO MACHINE, der US-Band THE WORLD/INFERNO FRIENDSHIP SOCIETY und den Argentiniern LA FANFARRIA DEL CAPITAN gesehen. Ein Spektakel sondergleichen mit abwechslungsreichem, bestens tanzbaren Sound, dargeboten von ebenso musikalisch verrückten wie versierten Künstlern. Das Konzert wird im weiteren Jahresverlauf nur schwer zu toppen sein.

Ukulele Death Squad

Setlist: Mariachi – Til The Death – Just A Boy – Waterfall – We Don’t Talk No More – Movies – I Ran Away – Lowlands Away – Down – Fuck The Man – Hands Tied – Baby Don’t Fuck With Me – Dance All Night – COOEE – Eyes Like That – Not Afraid – Paris On A Train – Black Cat – Hurricane // Day Drinking – Dance With The Devil

Links: https://www.ukedeathsquad.com/, https://www.facebook.com/ukedeathsquad, https://www.instagram.com/ukedeathsquad/, https://ukuleledeathsquad.bandcamp.com/, https://www.last.fm/music/Ukulele+Death+Squad

Text & Fotos (12): Stefan / Fotos (23): Micha

Alle Bilder:

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