Brotfabrik, Frankfurt, 13.12.2013
Ich mag jetzt hier eigentlich nicht der hundertdrölfste sein, der Detlef Kinsler’s „Main statt Mississippi“ zitiert, aber muss es letztlich wohl doch tun, weil es mir schwer fällt, eine passendere Allegorie zu diesem großartigen Americana-Abend zu finden. Ein Konzertabend, ausschließlich dargebracht von heimischen Gewächsen, von einer fast schon beängstigenden Ansammlung von Talent. Die Rede ist von Wolf Schubert-K. (links) und seiner SACRED BLUES BAND. Und, nicht zu vergessen, von Michael Jost (unten) im Vorprogramm.
Letzterer war schon auf der Bühne aktiv, als ich in der Brotfabrik eintraf. Jost, laut einem Nebensatz bei der Facebook-Ankündigung
des Konzerts („opening for this great band in my hometown“) gebürtiger Frankfurter und momentan in Venice (Kalifornien) lebend, teilt anscheinend einen Teil seiner Geschichte mit dem neu in der SACRED BLUES BAND Gitarre und Dobro spielenden Andi „Bird“ Vogel – zumindest präsentierte Jost ein altes Schmuckstück von Gitarre, welche er vor Jahren von Bird bezog und die während des Auftritts postwendend eine Saite verlor. Schöne, intensive Solo-Gitarrenmusik, die ich mir aber nicht komplett anhörte, weil in der Brotfabrik sehr viele Menschen waren, die ich lange nicht gesehen hatte und mit denen ein paar Takte zu reden war.Wer mag, unterlege den weiteren Bericht mit dem Song „Aimlessly“ von Wolf Schubert-K. und der SACRED BLUES BAND:
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Das ganze „Event“, wie man neudeutsch so schön sagt, hatte sowieso etwas von einer Familienfeier. Um die Bühne herum der Hauch eines Stuhlhalbkreises, der zwar in der Mitte unterbrochen war, aber trotzdem den Großteil der Stehenden
Wolf Schubert-K., den ich in der Vergangenheit in Frankfurt das eine oder andere Mal mit den DIRTY BIRDIES spielen sah, habe ich ansonsten mit den BURNING RUBBERDOLLS und den COSMIC TWINS verpasst oder ignoriert, keine Ahnung mehr. Das von letzteren übernommene Rhythmusgespann aus Dirk Rucker (Bass) und Stefan Myschor (Drums) kam mir zumindest optisch bekannt vor, so wie ein großer Teil der Anwesenden.
Liest man auf Schubert-K.’s Homepage zwischen den Zeilen, ahnt man, dass der Gute es in der Vergangenheit ordentlich hat krachen lassen. Vielleicht ist das aber auch die Voraussetzung dafür, originären amerikanischen Country und Blues völlig kitsch- und parodiefrei derart einfühlsam darbringen zu können. Einen Country, der etwas mit Ryan Adams oder Townes van Zandt zu tun hat, aber eben nicht mit Don Gibson. Melancholisches Singer/Songwritertum mit Dobro oder Lap- Steel, aber auch mit dezentem Keyboard, gespielt von Rebecca Berg (rechts), die Querflöte und klassischen Gesang studiert hat und bestimmt auch alles andere als „dezent“ könnte, wenn sie wollte. Die Vokalharmonien von Schubert-K. und Berg waren zum Niederknien und versprühten eine Atmosphäre, wie sie sonst nur von den erfahrensten Rootsmusikern und Indie-Folkern fabriziert wird. Gebt dieser Band zwei Minuten in einer Serie wie „Grey’s Anatomy“, bei der die Smartphone- User ihre Musik entdecken, und die Welt wird sie lieben.Gegeben wurde das komplette neue Album und einiges von älteren Veröffentlichungen wie „Live At Weseler Werft“, eine Scheibe, dass mich sofort zum Fan mutieren ließ, als ich sie vor ein paar Wochen erstmals im Netz hören konnte. Der Mittelteil mit des Sängers Gattin Bine Morgenstern (of SLAGS-Fame) unterstrich noch die Besonderheit der Veranstaltung, bei der sich auch an Tom Petty und Stevie Nicks erfolgreich versucht wurde.
Die beiden Saitenvirtuosen, die zumeist im Sitzen ihre Klampfen zupften, waren sowieso über jeden Zweifel erhaben. Schön war, dass sich alle den fragilen Songs Schubert-K.’s unterordneten und sich niemand in den Vordergrund drängelte, wobei ein staubiges Gitarrenmassaker analog zu Neil Young mit CRAZY HORSE bei dieser Band bestimmt auch drin wäre. Beim nächsten Mal, vielleicht.
Links: http://www.wolfschubert-k.com/, https://myspace.com/wolfschubertk, http://www.reverbnation.com/wolfschubertkthesacredbluesband, http://www.lastfm.de/music/Wolf+Schubert-K.+&+The+Sacred+Blues+Band, https://myspace.com/michaeljost, http://www.reverbnation.com/michaeljost, http://www.lastfm.de/music/Michael+Jost, https://soundcloud.com/michael-jost
Text & Fotos: Micha
Clip: am Konzertabend aufgenommen von Kevin
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Der Kommentar ist voll zu bestätigen, schöne Atmosphäre, wunderschöne Vokalgesang, schöne Lieder, gerne wieder! Und durchaus Musik, die man im Sitzen genießen konnte und sollte! Ich war nicht traurig, sondern sogar dankbar, dass man sich ein paar Stühle aus der Kneipe holen konnte und dabei nicht nur Ärsche von hinten sah. Entspannte Musik in entspannter Haltung, ohne sich 2 Stunden die Beine in den Leib stehen zu müssen, sehr angenehm und leider selten. Gerne immer so, die Stehenden können leicht über die Sitzenden hinwegsehen und tanzen, wenn Sie wollen (niemanden habe ich tanzen sehen!), umgekehrt gehts leider nicht. Ich hasse es, mir ein Konzert im Stehen anhören zu müssen. Eine Unsitte, die nur das Saalvollstopfen erlaubt, um den letzten Heller herauszuqueschen, aber nichts zur Atmosphäre bei trägt.