ZODIAC, RAVENEYE, HONEYMOON DISEASE

Nachtleben, Frankfurt, 22.09.2016

ZodiacImmer wieder erstaunlich, wenn man relativ unvorbereitet auf ein Konzert geht, von den dort aufspielenden Acts umgeblasen wird und sich dann zuhause, beim Auflegen eines der Tonträger, die man am Abend der Livedarbietung erworben hat, fragt, wo denn bitte die Band ist, die man da gerade gehört und gesehen hat. Der Tag nach der Show der Münsteraner ZODIAC (rechts), die im Frankfurter Nachtleben das Erscheinen ihres vierten Albums „Grain of Soul“ bewarben, war so einer. Katerstimmung nach exzessivem Rock’n‘Roll-Genuss. Doch nicht in allen Bereichen.


Die Schweden HONEYMOON DISEASE gaben einmal mehr den Opener (vergangenes Jahr auch, siehe hier) – und das erschien mir erst mal ungerecht und unpassend, weil die einfach die Hütte rocken wie Sau. Ein bisschen früher Honeymoon Diseaseals offiziell angekündigt und vor höchstens zehn Menschen aufspielend, riss

Honeymoon Disease

das Quartett um Sängerin und Gitarristin Jenna (weit besser bei Stimme als 2015) sofort die wenigen bereits anwesenden sowie die gerade eintrudelnden Gäste auf ihre Seite. Dass die Musiker selbst die beste Zeit auf der Bühne haben und feiern, wirkt ansteckender als jede Aufforderung zum Honeymoon DiseaseMitklatschen oder ähnlicher Blödsinn aus dem großen Buch der Publikums-Anbiederung. Ein paar Fans hatte die Truppe ja auch schon – wer sie 2015 vor AVATARIUM gesehen hat, war wieder da – einige sogar nur ihretwegen angereist. Insofern schade, dass HD wieder nur Opener waren und lediglich 30 Minuten hatten. Mehr wäre nächstes Mal wirklich auch mehr.

Die anschließenden RAVENEYE waren für mich bis dato ein völlig unbeschriebenes Blatt. Sie haben jedoch bereits eine EP draußen und freuten sich auf die Veröffentlichung ihres ersten Longplayers, der einen Tag nach dem RavenEyeGig offiziell erschien und am gestrigen Abend bereits erstanden werden konnte. Einige der jüngeren Leute im Raum waren wohl wegen denen da, oder genauer wegen ihres Frontmanns Oli Brown. Der hat, bartlos und milchgesichtiger, bereits unter seinem Namen ein paar Alben veröffentlicht, die den Blues zelebrieren.

RavenEye

Mit RAVENEYE hat er den Schritt zur „modern rockenden Rifffabrik“ (Rocks) vollzogen und bereits vor DEEP PURPLE oder THE DARKNESS gespielt. Auf der aktuellen Reise verloren er und der australische Bassist Aaron Spiers ihren Schlagzeuger und fanden mit Adam Breeze den, der „den Groove RavenEyebesitzt“ (Brown) und sie zumindest auf dieser Tour eindrucksvoll unterstützt. Die 45 Minuten gestern waren headlinerwürdig, inklusive Gänge durchs Publikum huckepack oder solo, dabei jeden Anwesenden mitnehmend und zum Fan machend. Hochenergetischer Rock voller Spielfreude, bei dem ich mir nicht die Mühe machte, herauszufinden in welche Schublade das wohl passt. In die geile, höchstens.

Doch dann, der Morgen des 23.9.: Der Kaffee wird geschlürft, die Streaming-Dienste haben das Album „Nova“ am Start und ich denke: Ist das Euer Ernst? Das sind die Songs, die Ihr mit diesem fulminanten Gig verkaufen wolltet? Wollt Ihr mich verarschen? Dabei stinkt nicht die ganze RavenEyeScheibe, aber Songs wie „Walls“, „Eternity“ oder „Supernova“ sind mit „platt“ und „verzichtbar“ noch dezent beschrieben – tausendmal gehörter, steriler 08/15-Rock ohne Tiefe, ohne Hirn und ohne Soul. Der Rest ist okay bis gut, aber ein wirklich herausragendes Stück habe ich in diesem Amalgam aus Classic-Rock und 90er-Riffs nicht gefunden, trotz mehrerer Hördurchläufe. Schade. Der Auftritt war nichtsdestotrotz superb, die Band bleibt auf dem Schirm.

Jeder, der nicht wegen HONEYMOON DISEASE da war und über 18, erschien jedoch wegen ZODIAC, nehme ich stark an. Ich sah das Quartett um den lässigen Frontmann Nick van Delft sowie den außerdem bei LONG DISTANCE ZodiacCALLING spielenden Drummer Janosch Rathmer beim Hammer of Doom 2012 und verfolge es seitdem – zwei seiner in der Zwischenzeit erschienenen drei LPs habe ich mir gekauft, höre sie gern und ordne sie in der immer noch vorherrschenden Retro-Rock-Schwemme als recht gute, aber nicht herausragende Alben mit ein paar exzellenten Songs ein.

Zodiac

Dass mit der „Retro-Rock- Schwemme“ scheint die Formation aber ein wenig zu fuchsen, weswegen bereits seit der zweiten Scheibe auch modernere Sounds zum Tragen kommen. Modern heißt in diesem Fall Neunziger-Rock, nicht etwa Avantgarde, um das hier klar zu Zodiacmachen. Sicher haben die Neunziger auch so einiges zu bieten an hochklassigen Bands, allen voran aus der Grunge-Ecke, aber auch viel glattpolierten Unsinn, der die Klassifikation Rock nicht mehr verdient. Ich sag nur NICKELBACK. Ihr seid im Bild? Gut.

Setzt man an das eine Ende der Fahnenstange des aufregenden, mitreißenden Rocks Bands wie vielleicht die ROLLING STONES in jungen Jahren, DEEP PURPLE ebenso oder BLACK SABBATH meistens; und danach NICKELBACK an das andere, dann spielten ZODIAC ein Set, dass eindeutig auf der linken Seite dieser Strecke anzusiedeln ist. Hört man das aktuelle Album, dass Arne Neurand (der in der Vergangenheit mit den ZodiacGUANO APES und REVOLVERHELD (ächz), aber auch mal mit CELTIC FROST arbeitete) produziert hat, dann klingt der Wille zur klanglichen Moderne ziemlich nach dem rechten Ende der Fahnenstange. Nicht komplett, aber ein bisschen. Ein bisschen mehr auch als bei den Veröffentlichungen zuvor.

Im Rocks wird das als Schritt in die Internationale gefeiert. Für mich ist das einer in Richtung Ödnis, nicht ganz so extrem wie bei RAVENEYE, aber verwandt. Trotzdem sticht das Quartett live viele Konkurrenten auf dem Markt aus, der Forderung aus dem Deaf Forever-Forum, sich die Band Zodiacunbedingt anzusehen, kann ich nur beipflichten. 90 Minuten „erste Sahne“ mit hochklassigem Gitarrespiel, sieben Songs des neuen Albums (die live aber weit ansprechender klangen als auf dem Tonträger) und einer sehr schönen Version von „Coming Home“ vom unerreichten Debüt in der Zugabe. Zuhause dann das Katerchen. Macht nichts, war trotzdem ein fantastischer Abend.

Links: http://www.honeymoondisease.com/, https://www.facebook.com/HoneymoonDisease, https://honeymoondisease.bandcamp.com/, http://www.last.fm/music/Honeymoon+Disease, http://www.raveneyeofficial.com/, https://www.facebook.com/ItsRavenEye, https://www.reverbnation.com/raveneye, http://www.last.fm/music/Raveneye, http://zodiac-rock.squarespace.com/, https://www.facebook.com/Zodiac.Rock/, https://www.reverbnation.com/zodiacgermany, http://zodiac-rock.bandcamp.com/, http://www.last.fm/de/music/Zodiac

Text, Fotos & Clips: Micha

Alle Bilder:

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