SLOKS & NEW YORK WANNABES

Knabenschule, Darmstadt, 1.03.2025

SloksEin besonderer Konzertabend unter dem subsumierenden Begriff „Garage Punk Double“ erwartete die Besucher am Faschingssamstag in der Darmstädter Knabenschule: Die Garage-Rocker SLOKS aus Turin hatten sich ebenso angesagt wie als Support das Garage-Power-Duo NEW YORK WANNABES aus der südhessischen Metropole höchstselbst. Der Kellerclub im Stadtteil Bessungen präsentierte sich, zumindest auf der Bühne, knallrot illuminiert. Leider stieß das von der Starwhore Corporation organisierte Event auf keinen allzu großen Zuspruch bei den Musikfreunden, von denen sich viele die Nacht vermutlich auf einer der zahlreichen Konkurrenzveranstaltungen um die Ohren schlagen wollten. So fanden diesmal nur knapp 30 Gäste den Weg zu einer der besten unkommerziellen Locations des Rhein/Main-Gebiets. Diese sollten ihr Kommen allerdings nicht bereuen.

Die NEW YORK WANNABES darf man inzwischen getrost als Veteranen der Underground-Rock-Szene der Region bezeichnen, auch in diesem Blog haben sie bereits seit 2012 zahlreiche Spuren hinterlassen. Ich erspare Euch an dieser Stelle das Geschwätz vom „alten Wein, der mit den Jahren immer besser wird“. New York WannabesAlt ist immer nur der, der sich auch alt fühlt. Und das tut das Duo mit Lucky an der Gitarre und Sue am Schlagzeug augenscheinlich nicht, und schon gar nicht vor Live-Publikum. Was die beiden musikalisch drauf haben, kommt auf einem kleinen Podest wie gestern in der Knabenschule ebenso gut zur Geltung wie auf der großen Bühne, zum Beispiel anno 2020 vor den US-Stars MONSTER MAGNET in der proppenvollen Schlachthof-Halle in Wiesbaden (siehe unseren Bericht hier).

Inzwischen ist die aktuellste Platte der NYW, „Read My Soul“, auch schon wieder zehn Jahre alt. Neueres Material hat das Duo genug, es präsentierte unter anderem mit „Don’t Give Up“, „Wannabes Stomp“ und „Holy Springs“ während seines zwölf Stücke umfassenden Auftritts einen schönen Querschnitt davon. New York WannabesLeider fehlt im Moment die Möglichkeit, es auch mal wieder auf schwarzes Vinyl zu bannen. Ich hoffe, es findet sich bald ein neues Label und Sponsoren, die das möglich machen. Von dem früheren Wirken schafften es nur noch die Tracks „Big Boss Man“, „Beat Sex“ und „Soul Brother“ – ich würde sie als einige der unverzichtbaren Klassiker bezeichnen – ins aktuelle Set. Beschlossen wurde die Show mit einem Cover des US-Kult-Duos SUICIDE.

New York Wannabes

Wieder mal war es schön zu sehen, mit welch ungebrochenem Enthusiasmus das Duo seine Vision von kompromisslosem, bluesigen Swamp-Rock durchzieht, reduziert auf das Wesentliche und ohne jedes Chichi. Ich muss auch nicht vor jedem Rock-Gitarristen fünfzehn Effektgeräte liegen sehen, deren Mehrzahl ihre New York WannabesExistenzberechtigung häufig genug schuldig bleibt. Eine Handvoll ist ja völlig ausreichend, wie gestern erneut eindrucksvoll nachgewiesen. Weniger ist manchmal mehr. Und ich erinnere mich noch gut daran, dass Gitarrist Lucky im Zusammenhang mit einem Vergleich der NEW YORK WANNABES mit dem aus Jack White (Gesang/Gitarre) und Meg White (Schlagzeug) bestehenden Duo THE WHITE STRIPES einmal sagte: „Sue ist besser als Meg, aber ich bin schlechter als Jack.“ Die Fähigkeit, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, demütig zu bleiben, ist neben der unbestreitbaren musikalischen Qualität eine weitere große Stärke der Band. Auch dafür schätze ich sie seit nunmehr 13 Jahren.

Die 2015 gegründeten, ursprünglich dreiköpfigen SLOKS haben einige Umbesetzungen hinter sich: Sängerin Ivy Claudy ist nicht mehr dabei. Ich hoffe nicht, dass ihr etwas Ernsthaftes passiert ist, da sie sich nach Angaben des früheren SLOKS-Labels Voodoo Rhythm (welches sonst?) häufig selbst auf der Bühne mit dem Mikrofonkabel stranguliert haben soll. Nun, in diesem Fall hätten wir vermutlich davon gehört. Fakt ist indes, dass sich zu deren früheren Mitstreitern Buddy Fuzz (Gitarre) und Tony Machete (Schlagzeug) Sloksnun Reverend ‚Red‘ Valentine (Bildmitte) am Mikrofon und Massimo Scocca (ebenfalls Gitarre, rechts) gesellt haben, sodass man jetzt als Quartett durch die Lande zieht. In diesem Line-up spielten die SLOKS auch ihr neues Studio-Album ein. Es ist – rechnet man ein reines Online-Release dazu – das insgesamt vierte. Es trägt den Namen „Viper“ und präsentiert elf Songs, die im Rahmen der insgesamt 15 Lieder des Konzerts alle gespielt wurden.

SloksDas ist einerseits klasse, denn unter anderem mit „The Joint is Jumping“, „Anna Lou“ und „Use Me“ bietet das Ende Januar 2025 veröffentlichte Werk einige Ausnahmestücke. Zum anderen hätte ich aber auch gerne die besten Nummern der vorherigen Platten „Holy Motor“ (2018) und „A Knife in Your Hand“ (2021) gehört. Ich empfehle, Lieder wie „No Makeup“, „Dad Can Dance“ und „Lost Memories“ auf Spotify & Co. zu checken. Ob sie nicht gespielt wurden, weil der anfangs mit einem schwarzen Stetson behütete „Reverend“ sie nicht für die Alben eingesungen hat, vermag ich nicht zu sagen. Drei der vier Konzertstücke, die nicht auf „Viper“ enthalten sind, kann ich keinem der bisherigen Releases der SLOKS zuordnen. Lediglich „Burn Baby Burn“ findet sich auf der „Knife“-LP.

Sloks

Was sich während der Show in die Gehörgänge fräste, ist mit einem Wort besonders treffend beschrieben: martialisch. Auf Bass wird keinen Wert gelegt, Hauptsache es kreischt und scheppert mit zwei brachialen Gitarren. Ein brutaler, noisiger Sound, der all diejenigen, die sich nicht mit Ohrstöpseln Sloksausgerüstet hatten, beinahe um Gnade winseln ließ. Ich habe selten ein derartig lautes Konzert in einem kleinen Club gehört. Insofern ist die Band-Promo „Get ready for slashing riffs, fiery guitars, wild vocals, and drums! This is uncompromising loud garage punk and dirty rock’n’roll in its rawest form.“ (Bandcamp) nicht allzu weit hergeholt.

Spaß machte das schon: Ein solches Spektakel – in den besten Phasen tanzbarer Highspeed-Punk’n’Roll, in den schwächeren Abschnitten schrilles, die primitiven Instinkte ansprechendes Gitarren-Noise-Massaker – wird nicht alle Tage aufgeführt. Ob die vier Best-Ager tatsächlich die „four most dangerous guys on stage from the Old Continent“ (YouTube) sind, obliegt der Betrachtung jedes einzelnen Besuchers. Ich würde mir die Combo durchaus wieder ansehen. Aber nur mit Gehörschutz.

Links: https://www.facebook.com/newyorkwannabes/, https://newyorkwannabes.bandcamp.com/, https://soundcloud.com/new_york_wannabes, https://www.last.fm/de/music/new+york+wannabes, https://www.facebook.com/sloksband/, https://www.instagram.com/sloks_band/, https://sloks-voodoorhythm.bandcamp.com/music, https://www.last.fm/music/Sloks

Text & Fotos: Stefan

Alle Bilder:

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1 Comment

Filed under 2025, Konzerte

One Response to SLOKS & NEW YORK WANNABES

  1. Wowbagger

    Hatte das Vergnügen sie in Würzburg im Immerhin (sehr geile Location, leider nicht mehr lange, seufz), zu sehen, sehr gelungener Mix von Garage und Noise, rituelle Ohrreinigung, bis jetzt bester Gig des noch jungen Jahres!!!

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